Solidarität und Konvergenz

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Von außen betrachtet ist so viel Solidarität erstaunlich: Quer über die politischen Lager hinweg hat sich die Presse in Österreich mit dem notleidenden ORF solidarisiert und fordert seine Rettung. Die Frage ist allerdings, wovor er gerettet werden soll. Sicherlich vor verstärkten politischen Eingriffen, denn überall dort, wo öffentlich-rechtlicher Rundfunk stark ist, versuchen Politiker, sich diesen dienstbar zu machen. Spannender ist, wie sich der ORF vor seiner eigenen Misswirtschaft retten lässt. Bei C. Northcote Parkinson ist nachzulesen, wie sich bürokratische Apparate aufblähen - ziemlich unabhängig davon, ob sie mehr Aufgaben zu bewältigen haben oder nicht.

Interessant an der Kampagne ist nicht zuletzt, dass Österreichs Presse sich für die Rettung des mit Abstand größten Medienunternehmens im Lande stark macht. Absehbar wird ihr nämlich der ORF schon bald als Wettbewerber in die Quere kommen. Beim European Newspaper Congress, der diese Woche in Wien stattfand, hat sich einmal mehr abgezeichnet, dass die Zeit der Printmedien zu Ende gehen dürfte und es für sie keine Zukunft ohne Internet geben wird. Im Worldwide Web konvergieren allerdings die klassischen Medien: Die besten Websites bieten längst neben Textbeiträgen auch Audio- und Videoclips. Mit Gebührengeldern gut abgefedert, versucht der ORF derzeit sich auch online eine starke Marktposition zu sichern. Außerdem zeichnet sich ab, dass es für die Presse sehr schwierig wird, ihre Online-Angebote allein durch Werbung zu finanzieren. Denn die Werbung wandert zwar ins Internet - aber nicht unbedingt zu den Websites der Printmedien.

Es könnte also sein, dass Österreichs Zeitungsverlage schon bald, wenn sie im Internet überleben möchten, auf einen übermächtigen Wettbewerber stoßen. Durchaus fraglich ist indes, ob sich der ORF dann genauso "solidarisch" verhalten wird wie derzeit die Journalisten und Verleger der Printmedien.

* Der Autor ist Kommunikationswissenschafter in Lugano/CH

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