Sorge um die deutsche Sprache

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Ist der "Duden“ schuld, dass die deutsche Sprache kein Happy End finden wird, weil sie von Anglizismen unterhöhlt wird? Auf die Neuauflage des Nachschlagewerks reagierte jedenfalls der in Dortmund ansässige "Verein Deutsche Sprache“, indem er die Auszeichnung "Sprachpanscher des Jahres“ heuer dem Duden verlieh. Statt "Stalker“ solle man "Nachsteller“, statt "E-Business“ "Netzhandel“ anführen. Auch den "Klapprechner“ vermisse man. Seit 1998 vergibt der Verein den Titel "Sprachpanscher“: "Er steht für das unnötige Verdrängen deutscher Begriffe durch Importe aus dem angelsächsischen Ausland sowie für die Demontage des Deutschen als Sprache von Kultur und Wissenschaft ganz allgemein.“

Bevor man nun - Argument und Toleranz, Musik und Politik, Büffets und Büros ignorierend - in das Generaljammern über den Verfall der deutschen Sprache durch Importe miteinstimmt, sollte man sich mit der Geschichte beschäftigen, wie sie Karl-Heinz Göttert etwa in "Deutsch. Biographie einer Sprache“ erzählt: Das macht locker. Soeben erschien Götterts Buch "Abschied von Mutter Sprache“, das sich der Frage widmet: "Müssen wir uns Sorgen um die deutsche Sprache machen?“ Darin zeigt der emeritierte Professor für Ältere Deutsche Literatur, dass diese Sorge ein Relikt des 19. Jahrhunderts ist. "Denn das 19. Jahrhundert war nicht nur die Zeit der beginnenden Globalisierung (mit der Tendenz der Vereinheitlichung). Es war auch das Jahrhundert des Nationalismus (mit der Tendenz der Abgrenzung).“ Das Fazit seiner Blicke in die Geschichte jener Sprache, die, einst aus vielen germanischen Dialekten entstanden, durch Luther ein Kunstprodukt wurde, das seine "Einheit“ nur als Schriftsprache fand: Es gibt lokale Tradition und Kosmopolitismus zugleich - und beide steigern einander. "Sprachen behaupten sich nur anders als gewohnt“, plädiert Göttert für Gelassenheit.

Die Autorin ist Literaturchefin der FURCHE

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