Werbung
Werbung
Werbung

Die Stadt Brandenburg an der Havel erreicht man mit dem Auto von Berlin kommend in etwas mehr als einer Stunde. Die ehemalige Industriestadt liegt westlich von Potsdam mitten im Havelland, sie trägt noch die Spuren der ddr-Vergangenheit. 75.000 Einwohner hat Brandenburg heute, aber die alten Hallen stehen leer und die Arbeitslosenrate beträgt 22 Prozent.

Am Stadtrand zu finden ist der Marienberg, ein Hügelrücken, über den sich einer der städtischen Friedhöfe ausbreitet. Auf dem 1947 hier errichteten Ehrenmal für die im nationalsozialistischen "Zuchthaus" Brandenburg-Görden hingerichteten Widerstandskämpfer ist zu lesen: "Zum Tode geführt, und siehe, wir leben." 2.743 Häftlinge, aus verschiedenen Motiven Gegner der ns-Diktatur, wurden in diesem Gefängnis ermordet.

Vor einer Woche wurde am Marienberg ein Gedenkstein enthüllt, der an die 90 Österreicher erinnert, die 1940 bis 1945 vom "Volksgerichtshof" in Berlin zum Tode verurteilt und hier getötet worden sind. Angeregt hat dieses Gedenken ein pensionierter deutscher Journalist, Diplomaten der Österreichischen Botschaft in Berlin haben seinen Vorschlag umgesetzt. Bei der Enthüllung des Steines lasen zwei Gymnasiasten aus Brandenburg die 90 Namen vor, nannten jeweils auch Geburtsort und Beruf. Es handelte sich um einfache Leute, Handwerker, kleine Angestellte, Arbeiter, junge Männer aus allen Bundesländern. Franz Jägerstätter ist einer von ihnen, der einzige, dessen Geschichte aufgeschrieben ist. Diese Namensliste anzuhören - ein erschütternder Moment! Aber noch unbegreiflicher ist, wieso wir Österreicher 60 Jahre vergehen ließen, bis uns ein deutscher Hobby-Historiker empfiehlt, an diese Opfer zu erinnern.

Der Autor arbeitet am Kulturforum der Österreichischen Botschaft in Berlin.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung