Spielarten gegenwärtiger Kunst

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Anlässlich des 50-jährigen Bestehens zeigt die Galerie im Taxispalais Arbeiten von neun zeitgenössischen Tiroler Künstlern, die fast ausnahmslos international Karriere gemacht haben.

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Anlässlich des 50-jährigen Bestehens zeigt die Galerie im Taxispalais Arbeiten von neun zeitgenössischen Tiroler Künstlern, die fast ausnahmslos international Karriere gemacht haben.

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Freudige Anlässe gehören groß gefeiert. Und da die Innsbrucker Galerie im Taxispalais Anfang Juni 50 Jahre alt wird, ist eine dem Anlass entsprechende Geburtstagsausstellung angesagt. Zu der neun Künstler eingeladen sind, die zwar alle aus Tirol stammen, allerdings fast ausnahmslos außerhalb ihrer Heimat internationale Karriere gemacht haben. "Zeitsprung" heißt die Schau, die in ihrer Ambivalenz programmatisch für die Galerie als international ausgerichteter Spiegel für die diversen Spielarten zeitgenössischer Kunst ist.

Auf die Betonwand, die über der glasgedeckten Hofhalle den Außenraum begrenzt, sind in großen schwarzen Buchstaben die Wörter "war ist wird" geschrieben. Eine auf das Jahr 1978 zurückgehende Arbeit des vor vier Jahren verstorbenen visuellen Poeten Heinz Gappmayr - der übrigens der einzige der neun Künstler ist, der Innsbruck zeitlebens nicht verlassen hat -, in der er auf seine subversiv poetische Art und Weise das Phänomen der Zeit thematisiert. Um drei Zustände des Seins zu umkreisen, die scheinbar Kontinuität suggerieren und trotzdem etwas völlig anderes meinen.

Um Zeit geht es auch in der Arbeit von Martin Walde. Er lässt von der Decke des oberen Foyers auf den Boden des unteren aus einem großen weißen Kokon im Sechsminutentakt ein bekritzeltes, bezeichnetes oder leeres Kalenderblatt flattern. Was fröhlich leicht daherkommt, erweist sich allerdings als unerbittlicher Zeitraffer mit dem Ergebnis eines chaotischen, sämtliche Chronologien und Logiken außer Kraft setzenden Haufens.

Ambivalente Zugänge zur Vergangenheit

Von Carola Dertnigs Tanzperformance, mit der die Ausstellung eröffnet wurde, ist nur mehr die Videoaufzeichnung bzw. die Kulisse zu sehen. In der Form einer schrägen Fahrradbühne sowie einer Collage, in der es um den deutschen Tänzer Harald Kreutzberg (1902-1968) geht. Er hat sich für seine künstlerischen Experimente in den 30er- und 40er-Jahren nach Seefeld zurückgezogen, jenem Ort, in dem auch Dertnig aufgewachsen ist. Als sehr persönliche Auseinandersetzung mit den Orten seiner Kindheit kommt auch Martin Gostners raumfüllende Installation daher. Als opulente Ableitung von Teil sechs seines Langzeitprojekts "Erker", den er - heimlich - vor drei Jahren in der Nähe des Tiroler Gnadenortes Maria Waldrast eingerichtet hatte. Dessen "Supersaft" kann der Besucher schlürfen, auf einen vor Ort gefundenen Stein hat Gostner eine Wegmarke geschrieben, umhängt bzw. umstellt von vier schweinischen Superhelden. Komplettiert durch Abergläubisches in der Form einer Assemblage aus für den Künstler negativ besetzten Kleidungsstücken.

Peter Sandbichler verwandelt die Taxisgalerie dagegen in eine beklemmend archaische Ahnengalerie. Bestückt mit fünf ins Monumentale aufgeblasenen, in weißes Kunstharz gegossenen "Skulls". Als Überleitung zu dem von Eva Schlegel bespielten Raum, bei dessen Betreten der Besucher virtuell in die Luft gesprengt wird. Was ihn allerdings nicht daran hindert, die eigentliche Installation zu sehen. Die aus einer realen Uhr sowie zwei, sich 300 Mal pro Minute drehenden Rotorenblättern aus Alu besteht. Überspielt mit einem Video fliegender, schwebender, fallender Menschen.

Peter Kogler verwandelt wiederum einen der galeristischen Räume durch schwarze Linien zur flirrenden, begehbaren Skulptur. Dafür stellt Hans Weigand einen Raum in den Raum, in dem multimedial bearbeitete Bilder hängen, die sowohl mit ihm als auch mit seiner Prägung als Künstler zu tun haben. Wenn er etwa das Dach aus "Psycho" mit Fischschuppen deckt, die er auf einem Kupferstich aus der Renaissance gefunden hat. Daneben steht eine einsame nackte, in Aluminium gegossene, farbig gefasste menschliche Figur. "Invasion" nennt sie Lois Weinberger, ist sie doch über und über mit Pilzen bewachsen. Ob sie aus ihrem Inneren nach außen drängen, oder den Körper von außen infiltrieren, bleibt offen. Daneben hängt das Foto jenes Ortes, wo die Skulptur aufgestellt werden soll: Ein zerfallendes burgenländisches Jagdschlösschen, das sich die Natur fast schon zurückerobert hat.

Zeitsprung

Galerie im Taxispalais, bis 31. August 2014

Di-So 11-18, Do bis 20 Uhr

www.galerieimtaxispalais.at

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