Spritztour auf den Mond

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25 Jahre Innsbrucker Festwochen der Alten Musik: Triumph für "Il Mondo della Luna".

Zu ihrem 25-Jahr-Jubiläum haben die Innsbrucker Festwochen den Zusatz "Alter Musik" aus ihrem Namen gestrichen: zu Recht, denn ihr innovativer Geist beschert viel mehr Neues als Altes. So hätte sich 1777 auf Schloss Esterházy gewiss niemand träumen lassen, was René Jacobs 2001 aus Joseph Haydns Goldoni-Oper "Il mondo della luna" machen würde: ein sprühendes, amüsant-freches Musiktheater von erfrischender musikalischer Schönheit und Eleganz. Für letztere mobilisierte der dirigierende Spiritus rector wieder ein Ensemble junger Qualitätsstimmen, geschult in ausgefeiltester Rezitativ- und Arienkultur, dazu die seidenweichen Streicher der Akademie für Alte Musik Berlin, ihre beredt phrasierenden Holzbläser, dramatisch auftrumpfende Pauken und Trompeten, ein ungemein farbiges Continuo. Im virtuos-motorischen Drive der Jacobs-Tempi, im Wechsel von Feuer und Innigkeit der Liebesbekenntnisse schüttelte Haydn allen Staub der Jahrhunderte und vor allem das Vorurteil ab, kein "richtiger" Opernkomponist gewesen zu sein. Das war Hörvergnügen pur!

Disco-Girls

Dazu lieferte Katharina Gruber eine sehr heutige, kecke, dabei musikalisch-präzise Regiearbeit, die mit "rockenden" Girls im Disco-Look und einer Mondwelt à la "Cage aux Folles" (Ausstattung: Frank Philipp Schlößmann, Licht: Franz Peter David) zwar in manchem Detail etwas schlüpfrig geriet, sich jedoch in ihrem Witz glänzend mit Goldonis Komödientext vertrug. Hier durfte herzlich gelacht werden: Über den alten Geizhals, der seine verliebten Töchter nicht heiraten lassen will, um die Mitgift zu sparen, selbst aber geheime Sehnsüchte hegt, über den raffinierten Liebhaber und Pseudo-Astrologen Eclittico, der seinen Schwiegervater in spe mit schwindliger Eloquenz und einem Schlaftrunk zu einer fingierten Reise auf den "Mond" einlädt, wo schöne Frauen gern alte Herren karessieren. Das paradiesische Ambiente stimmt den strengen Herrn "Buonafede" euphorisch und er merkt zu spät, dass er mit einer dreifachen Hochzeit ausgetrickst wird. Der Empörung folgt das obligate "Perdono" samt einem etwas retardierten Happyend, vor dem noch mehrere schöne Arien und Duette absolviert werden müssen ...

"Così" antizipiert

Glänzende Sängerschauspieler fesselten und berührten gleichermaßen: das Buffopaar mit Silvia Tro Santafé als reizender Zofe Lisetta, einer legitimen Vorgängerin Despinas, und ihrem Cecco (Scot Weir), wie denn auch die beiden Liebespaare, der edle Mezzosopran Patricia Risley in der Hosenrolle des "Ernesto" und die Vollblut-Flaminia Iride Martinez als "hohes" Paar sowie der wendige Kobie van Rensburg und Elisabeth Scholl in der Rolle der Clarice die Konstellation von Mozarts "Così fan tutte" antizipieren. Mit prächtigem Bass und humorig-beweglichem Spiel charakterisierte Enzo Capuano den lüsternen Haustyrannen Buonafede, dessen erfolgreiche Bekehrung in einmütigen Premierenjubel mündete. Im bereits dreimal ausverkauften Tiroler Landestheater wurden damit auch schon die Weichen für einen Berliner Erfolg im kommenden Februar gestellt, denn die kooperierende Staatsoper Unter den Linden will ebenfalls mit René Jacobs mondwärts stürmen.

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