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1.000 Jahre Bautzen:Kreuzungspunkt von Konfessionen und Kulturen.

Fast 100 Jahre sind vergangen seit der "Eröffnung" des "königlich-sächsischen Gefängnisses" am Stadtrand von Bautzen. Zwei Diktaturen haben dafür gesorgt, dass dieser mächtig erweiterte Kerker zum Synonym wurde für eine Stadt, die sich vorher eher durch Toleranz einen Namen gemacht hatte. Heute, 1000 Jahre nach der ersten Erwähnung der "civitas Budusin" in der Chronik des Bischofs Thietmar von Meißen, will die Stadt sich in vielfach erfrischter Gestalt aller Welt vorstellen. Im Spannungsfeld zwischen Sachsen, Polen und Böhmen, zwischen Katholiken und Protestanten, zwischen Bürgern deutscher und sorbischer Muttersprache hat sie nicht nur Narben davongetragen, sondern auch geistig-kulturellen Reichtum.

Die Zugehörigkeit zu Böhmen im 11. und dann vom 14. Jahrhundert bis 1635 machte die Lausitz zu einem Randgebiet, wo die Staatsmacht allenfalls in der Gestalt fragwürdiger Statthalter auftrat. So schlossen sich 1346 die Städte Bautzen, Görlitz, Löbau, Zittau, Kamenz und das heute polnische Lauben zu einem Städtebund zusammen, der ihre Anliegen besser durchsetzen konnte. An die "ungarische" Zeit von 1469 bis 1490, als Matthias Corvinus von Ungarn auch König von Böhmen war, erinnert der "Matthias-Turm" der Bautzener Burg mit einem Relief des Königs, das als getreuestes zeitgenössisches Abbild des Herrschers gilt.

Gemeinsame Kirche

Mit der Lausitz wurde 1635 mitten im Dreißigjährigen Krieg ein konfessionell gemischtes, überwiegend katholisches Gebiet an das Land von Luthers Reformation angeschlossen. 1697 wurde der sächsische Kurfürst August der Starke katholisch, um zum König von Polen gewählt werden zu können. Die alte Formel "cuius regio, eius religio", wonach sich der Glaube der Untertanen nach dem des Herrschers zu richten habe, war aber nicht durchzusetzen. August teilte seinen neuen Glauben nur mit einem eng begrenzten Hofstaat in Dresden und mit der Lausitz. Hier trieb die Toleranz versöhnliche, geradezu heitere Blüten. So war der Dom St.Petri in Bautzen schon in der Reformation 1524 geteilt worden. Bis heute wird der Chorbereich katholisch, das Langhaus evangelisch genutzt. Genaue Abmachungen garantieren, dass Messe und Gottesdienst einander nicht beeinträchtigen. Schon die Vorgänger Augusts des Starken standen in Beziehung zu den Zisterzienserinnen-Klöstern St. Marienstern und St. Marienthal. Man tauschte ausländische, meist italienische Künstler aus, und wenn ein Katholik in Dresden starb, konnte er nur in der Lausitz katholisch begraben werden. Die Klöster hatten alte Patronatsrechte auch über inzwischen evangelisch gewordene Dörfer. So setzte die Äbtissin auch evangelische Pfarrer und Lehrer ein (was meist mit einem fröhlichen Schmaus gefeiert wurde). Den Pastoren wurde in der Bestallungsurkunde die freie Predigt zugesichert. Sie sollten sich nur "alles Schmähens und unerbaulicher Redensarten wider die Römisch katholische Religion enthalten".

Das sächsische katholische Bistum heißt in alter Tradition nach dem ältesten Bischofssitz Meißen (dessen Dom längst evangelisch ist). Bei der Neuerrichtung des Bistums 1921 wurde der katholische Teil des Bautzener Doms zur Bischofskirche ernannt. Seit der Bischofssitz 1980 nach Dresden verlegt wurde, ist er Konkathedrale. Das Domstift mit Schatzkammer und Diözesan-Archiv gehört zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Stadt der Sorben

Das kleine slawische Volk der Sorben (Wenden) siedelt in der Lausitz und im brandenburgischen Spreewald. Bautzen trägt auch gleichberechtigt den sorbischen Namen BudyÇsin - wie man überhaupt in der Lausitz nicht über zweisprachige Ortstafeln streitet. Die Reformation mit ihrem Streben, die Gläubigen in ihrer Muttersprache zu erreichen, hat durch Übersetzung der Bibel und anderer Schriften viel zur Entwicklung und Verbreitung des Sorbischen beigetragen. Katholische Geistliche erhielten von 1728 bis 1924 ihre theologische Ausbildung im Wendischen Seminar auf der Prager Kleinseite.

Die kulturelle Eigenständigkeit der Sorben muss immer neu erkämpft werden - heute vorwiegend aus materiellen Gründen oder wegen der durch das Fernsehen verstärkten Assimilation (da können sorbische Sendungen in Radio und TV nur wenig gegensteuern). Sorbisches Vereins- und Verlagswesen haben in Bautzen ihr Zentrum. Auch das Museum wird zum Jubiläum in erneuerter und erweiterter Gestalt eröffnet. Leider fallen die Sorben immer seltener durch ihre Trachten auf. Ausnahmen sind die farbenfrohen Feste - vor allem das "Osterreiten".

Das Jubiläum wird das ganze Jahr mit verschiedensten Veranstaltungen gefeiert. Sechs Ausstellungen führen in die Geschichte ein: "Stiftung und Vermächtnis" beruht auf der Sammlung eines adeligen Gelehrten. Hans von Gersdorff auf Weicha hat vor allem in den Naturwissenschaften geforscht und viele seiner Geräte hinterlassen. Die Stadtbibliothek zeigt die "Typographie Budissiensis": Buch- und Verlagswesen seit dem 16. Jahrhundert. Das Stadtarchiv stellt die Geschichte des Rechtswesens in der prächtig restaurieren Ortenburg dar. Die Gefängnisse, wo seit 1990 eine Gedenkstätte entstanden ist, zeigen ihre Schau unter dem Titel "Bautzener Bürger". Darunter sind die "normalen" Bürger zu verstehen, die in der weit und breit gefürchteten Stadt des Stasi-Gefängnisses leben mussten, aber auch jene, die im Strafvollzug ihren Arbeitsplatz fanden und nicht zuletzt die Gefangenen selbst: die unfreiwilligen "Bürger auf Zeit". Dazu kommen noch die der Dom-Schatzkammer und des Sorbischen Museums.

Steile Wege und hartes Pflaster machen den Stadtrundgang etwas beschwerlich. Man wird aber durch knorrige alte Stadtmauern und Türme, gepflegte Bürgerhäuser und immer neue Ausblicke in die Umgebung und das Spree-Tal entschädigt. Die Stadt bietet eine gut entwickelte Gastronomie mit köstlichen Spezialitäten und viele Ausflugs-Angebote in die Umgebung. Das Oberlausitzer Bergland, die erwähnten Zisterzienserinnen-Klöster und Lessings Geburtsstadt Kamenz sind nur einige Beispiele.

Informationen: Rathaus Bautzen,

Tel. 0049/3591/534 390 Mail: pressestelle@bautzen.de

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