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Eine Foto-Ausstellung in der Albertina gibt einen einzigartigen Einblick in das Wien des 19. Jahrhunderts.

Vieles von dem, was aus der jüngeren Vergangenheit auf uns gekommen ist, erschließen wir uns aus Texten. Von alten Tageszeitungen bis zu unendlichen Ansammlungen von Verträgen und Protokollen reicht dabei die Palette. Die optischen Zeugen verstrichener Zeiten dienten lange bloß als Ergänzung und mussten damit kämpfen, als zu ungenau angesehen zu werden. Dies änderte sich - zumindest für eine Zeit lang -, als im 19. Jahrhundert die Fotografie in unserem heutigen Verständnis erfunden war und ihr Theoretiker der ersten Stunde, Talbot, von ihr als dem "Zeichenstift der Natur" sprach.

So unmittelbar erschien ihm der fotografische Abdruck, dass er meinte, damit eine natürliche Objektivität vorzufinden, schließlich malte kein Maler mehr mit seinem Pinsel freie Erfindungen zu den Tatsachen dazu. Dieser dokumentarische Wert der Fotografie machte auch im damaligen Wien Furore, wie die Ausstellung "Stadt.Leben.Wien" in der Albertina belegt.

Bereits in den 1840er Jahren versuchte Alois Auer die kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei zu einem umfassenden Medienkonzern zu machen, wie wir das heute nennen würden. In Wien sollte ein "großes polygraphisches Staatsinstitut" den Mittelpunkt des intellektuellen Lebens im gesamten deutschsprachigen Raum abgeben. Neben vielen anderen Neuerungen diente auch die Fotografie diesem hehren Ziel.

Für die besonderen Aufgaben sah Auer eine vier Punkteprogramm vor, mit dem er die öffentliche Fotografie umschrieb. So finden sich darin erstens Aufnahmen vom Dach der Staatsdruckerei aus in Richtung St. Stephan, womit die Fotografie die Aufgabe der Landschaftsmalerei übernahm. Zweitens diente die Fotografie als Wiedergabe von Kunstwerken, drittens war in Aufnahmen von Skizzen der Bereich der Vervielfältigung einbezogen und viertens etablierte sich die Fotografie als Mikrofotografie zum wichtigen Werkzeug für die Wissenschaften.

Auer sah in der Fotografie aber nicht nur ein Dokumentationsmedium ersten Ranges, er setzte seine Hoffnungen auch für die Distribution in sie, schließlich sah er sie bereits als "vom höchsten Palaste bis zur wohlhabenden Bürgerwohnung, ja durch den technischen Vorgang in ihrer Wohlfeilheit bis zur Dorfschule, bis zur Bauernhütte" verbreitet.

Auch wenn Auer unmittelbar mit seinem Informations- und Bildungsauftrag nicht vollständig reüssieren konnte, geben die entstandenen Produkte einen einzigartigen Einblick in das Wien des 19. Jahrhunderts. Von Panoramablicken auf die Stadt bis zu unzähligen Aufnahmen von einzelnen Plätzen und Straßen, vom Niederreißen der alten Befestigungsanlagen bis zum Aufbauen der Votivkirche oder des Arsenals etwa, von hochwohlgeborenen Auftritten bis zu Szenen aus den Hinterhöfen der Vorstadt kann man sich ein Bild machen.

Stadt.Leben.Wien

Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien

Bis 22. 1. tägl. 10-18 Uhr, Mi 10-21 Uhr

Kataloge:

Monika Faber (Hg.), Stadtpanoramen. Fotografien der k.k. Hof- und Staatsdruckerei 1850-1860, Wien 2005, 96 Seiten; Monika Faber (Hg.), Straßenleben in Wien. Fotografien von 1861 bis 1913, Wien 2005, 100 Seiten

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