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Landeshauptmann Herwig van Staa zu Geschichte und Gegenwart Tirols in Europa.

Herr Landeshauptmann, das Europäische Forum in Alpbach widmet sich heuer beim Tirol Tag der Geisteswissenschaftlichen Forschung an der Historisch-Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck. Ein Schwerpunktthema ist dabei Tirol im europäischen Kontext. Wie sehen Sie Tirol heute in Europa?

Ich freue mich, dass die bewegte Geschichte Tirols heuer im Mittelpunkt des Tirol Tages beim Europäischen Forum Alpbach steht. Tirol liegt im Herzen Europas und die Europaregion bildet eine gemeinsame starke Achse. Diese Europaregion umfasst das Gebiet des historischen Tirol, also das Bundesland Tirol, Südtirol und das Trentino. In diesem Gebiet waren die Heimatverbundenheit und der Wunsch nach Selbstregierung immer sehr stark ausgeprägt, und das ist noch heute so. Diese Tatsache und die gemeinsame Geschichte begünstigt die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den drei Ländern.

Welche Bereiche der Zusammenarbeit und Schwerpunkte gibt es in dieser Europaregion?

Wir haben 1995 gemeinsam in Brüssel das erste grenzüberschreitende Verbindungsbüro zur Europäischen Union eingerichtet. Zielsetzung des Büros war und ist es, die Interessen der Länder in den Bereichen Regionalpolitik, Wirtschaft, Umwelt, Landwirtschaft, Soziales, Bildung und Kultur zum Nutzen der Bevölkerung bei den EU-Institutionen zu vertreten und gemeinsame Anliegen der Europaregion im Zuge des europäischen Integrationsprozesses zur Geltung zu bringen. Konkret geht es etwa um eine eng miteinander abgestimmte Verkehrspolitik für den überaus sensiblen zentralen Alpenraum. Dieses Büro ist beispiel-gebend für grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der EU. Es ist einmalig, dass drei Regionen in dieser Art zusammenarbeiten.

Sie haben bereits die zentrale Lage Tirols erwähnt. Neben gewissen Vorteilen dieser Lage sind damit auch Nachteile, wie beispielsweise der starke Verkehr auf der Nord-Süd Verbindung verbunden. Welche Zielrichtung verfolgt Tirol, um dem stetig anwachsenden Gütertransit Herr zu werden?

Unser Ziel ist es, den Gütertransitverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Es ist daher eine dringende Notwendigkeit, dass wir die Schieneninfrastruktur in unserem Land entsprechend ausbauen. Die Unterinntalbahn ist schon seit fünf Jahren im Bau und wird in rund fünf Jahren fertig gestellt sein. Die Bundesregierung hat auch klargestellt, dass es hier zu keinen weiteren Verzögerungen mehr beim Bau dieser Bahnstrecke kommen wird. Für den Bau des Brenner Basistunnels, der das unverzichtbare Herzstück der TEN-Strecke von Berlin bis Palermo ist, wurde mit der Finanzierungsgarantie von Österreich und Italien für jeweils ein Drittel der Baukosten wieder ein wichtiges Stück erreicht. Die EU hat eine Kofinanzierung für bis zu 30 Prozent in Aussicht gestellt und prüft derzeit unseren Antrag. wir sind hier also auf einem guten Weg.

Wie kann sich eine im europäischen Kontext kleine Region wie Tirol in einem zusammenwachsenden Europa behaupten und dort seine Interessen auch durchsetzen?

Immer mehr Entscheidungen, die unser Land betreffen, werden in Brüssel getroffen, also von der EU bestimmt. Mitgliedsländer in der EU sind aber nicht die einzelnen Regionen sondern die Nationalstaaten. Deshalb müssen wir sehr viele Anträge über Wien in Brüssel einbringen und dazu braucht man die Zustimmung der Bundesregierung. Dennoch sind wir keine zahnlosen Tiger. Wir haben in Brüssel den Ausschuss der Regionen und ich selbst bin dort Vizepräsident und österreichischer Delegationsleiter und kann doch manche Schwerpunkte mit einbringen und direkt verhandeln.

Tirol bereitet sich auch schon intensiv auf das Gedenkjahr 2009 vor. Was steht im Mittelpunkt dieses Gedenkjahres?

Das Motto dieses Gedenkjahres lautet Geschichte trifft Zukunft. Wir wollen uns in diesem Jahr mit der Zukunft unseres Landes beschäftigen, aber immer mit dem Hintergrund unserer Tradition und Geschichte. Wir hoffen in diesem Jahr vor allem die jungen Menschen in unserem Land dazu bewegen zu können, sich mit der Geschichte Tirols auseinander zu setzen und daraus auch die entsprechenden Ziele für die Zukunftsgestaltung zu finden. Neben vielen Veranstaltungen wird auch ein neues Museum am Bergisel errichtet. Im Rohkonzept für dieses neue Museum ist vorgesehen, dass hier die europäische Geschichte der Neuzeit erzählt wird.

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