"Steinerne Glocke" schwebt wieder über Dresden

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Die über Dresden thronende "Steinerne Glocke" ist nach 60 Jahren wieder da. Mit ihrer Kuppel dominierte die protestantische Frauenkirche bis 1945 das Stadtbild und bildete einen Gegenpol zur katholischen Hofkirche in unmittelbarer Nähe. Auch die Bombennacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 änderte daran zunächst nichts. Am Morgen danach schien das Gotteshaus unversehrt. Erst am Vormittag des 15. Februar stürzte das Bauwerk in sich zusammen. Feuer war über die zersprungenen Glasfenster ins Innere gedrungen, fand im hölzernen Gestühl Nahrung und machte den Sandstein mürbe. Die Innenpfeiler brachen schließlich unter der Last der Kuppel zusammen.

Die zwischen 1726 und 1743 erbaute Frauenkirche war ein ingenieurtechnisches Glanzstück des Dresdner Ratszimmermeisters George Bähr, der sich ein geniales Stützsystem für die riesige Sandsteinkuppel ausgedacht hatte: Er ordnete acht Pfeiler frei stehend in einem Kreis um den Kircheninnenraum an und verband sie über steinerne Bögen mit den Außenwänden. Schwerelos schien darauf die Kuppel über den Dächern der Stadt zu schweben.

Schon nach dem Krieg wurde ein Wiederaufbau der Frauenkirche in Betracht gezogen. Aufräumarbeiten wurden begonnen, die aber bald erlahmten. Bis zur Wende 1990 blieb der Trümmerberg ein Mahnmal für sinnlose Zerstörung.

Mit der Wende in der ddr kehrte die Hoffnung der Dresdner auf einen Wiederaufbau zurück. Nachdem ein Jahr lang die Trümmer aus der Ruine geräumt wurden, begann 1994 der Wiederaufbau. Rund 600.000 Spender aus aller Welt gaben 100 Millionen Euro für das Vorhaben. Insgesamt kostete es knapp 180 Millionen Euro. Die originalgetreu wiedererrichtete Frauenkirche gilt damit auch als große Gemeinschaftsleistung der einstigen Kriegsgegner. für das Versöhnungsprojekt.

Und der Gedanke der Versöhnung stand auch im Mittelpunkt der Einweihungsfeier vom letzten Sonntag, zu der unter anderem die Botschafter der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges geladen waren. Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl bezeichnete den Wiederaufbau als "Werk der Versöhnung und Mahnung zum Frieden". Im Kuppelkreuz - einem Geschenk aus England - könne jeder ein großes, anrührendes Werk der Versöhnung sehen. "Auch eine tiefe, lange Zeit blutende Wunde kann geheilt werden. Aus Feindschaft kann eine versöhnte Gemeinschaft erwachsen, die Frieden möglich macht."

Deutschland Bundespräsident Horst Köhler erinnerte an den Schriftsteller Gerhart Hauptmann, der 1945 gesagt hat: "Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens." 60 Jahre später könne man hinzuzufügen: "Wer die Zuversicht verloren hat, der gewinnt sie wieder beim Anblick der wiedererstandenen Frauenkirche." WM/APA

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