Steirische Bischofs-Bräuche

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Der Ton der Auseinandersetzung seitens der „Laieninitiative“ habe sich verschärft und sei „unannehmbar“. Solches ließ der Grazer Bischof Egon Kapellari zuletzt in seiner Wochenzeitung Sonntagsblatt verlauten. Und eine Zusammenkunft kirchlicher Gruppierungen, von der Katholischen Aktion über die „Weizer Pfingstvision“ bis zu „Wir sind Kirche“, qualifiziert der Bischof als „keineswegs homogen“. Und weiter: Er wolle erneut deutlich machen, „dass es keinen Weg gegen Rom, gegen den Papst oder an ihm vorbei geben“ könne. Herbert Kohlmaier von der „Laieninitiative“ sah sich ob der Schelte bestätigt: „Alle Versuche, mit den Bischöfen zu kooperieren, sind nutzlos.“

Am Dienstag klangen die bischöflichen Töne aus Graz dann ganz anders: Kapellari kündigte einen diözesanen Gesprächsprozess an, der vom Generalsekretär der steirischen Katholischen Aktion koordiniert werden soll. Vertreter der Katholischen Aktion waren auch Teil jener „keineswegs homogenen Gruppe“ gewesen, deren Forderung nach einer Art Synode die bischöfliche Abfuhr erfuhr.

Keinen Weichspülerkurs fahren

Wie sind diese Kirchenvorgänge zu bewerten? Wurde da, wie Herbert Kohlmaier unterstellte, einmal mehr Roms Forderung nach „bedingungslosem Gehorsam“ weitergegeben? Man kann Bischof Kapellaris Kritik durchaus unter diesen Vorzeichen interpretieren: Dass zwischen ihn und die Kirchenleitung kein Blatt Papier passt – diese Position hat der steirische Hirte nicht zum ersten Mal bekräftigt. Manche mögen das als Handlangertum Roms verstehen.

Doch dies greift zu kurz. Denn es steht einem Bischof zu, klar Position zu beziehen, Widerspruch zu erheben und keinen Weichspülerkurs zu fahren, der zu allen lieb ist, aber dennoch jede Bemühung um spirituelle wie strukturelle Kirchenreform aussitzt.

Man darf durchaus das biblische Beispiel der ersten Gemeinden zum Vorbild nehmen, wo es Streit um den rechten (Glaubens-)Weg gab und ein zum Paulus gewordener Saulus auch einem Petrus ins Angesicht widerstand. 2000 Jahre später und in einer ungekannten Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise der Nachfolgegemeinschaft Christi darf und muss man sich vor konstruktivem Streit nicht fürchten. Nicht als Bischof, nicht als Gottesvolk mit seinem „Glaubenssinn“, ohne das der Bischof auf verlorenem Posten stünde.

Von daher ist es logisch und nur scheinbar eine Kehrtwende, dass sich Bischof Kapellari nun einem offenen Gesprächsprozess stellt. Dass da Fery Berger von der „Weizer Pfingstvision“, einer der Initiatoren jener Gruppe, die eine Kirchenreform auf allen Ebenen vorantreiben will, dies als „sehr mutige Entscheidung des Bischofs“ begrüßt, zeigt, dass an der kirchlichen Basis die Hoffnung nicht erloschen ist. Man muss froh sein, dass es noch Katholik/inn/en gibt, denen – wider alle Resignation – Aufbruch und Reform ein Anliegen sind. Immerhin geht es, auch das formuliert Berger, darum, „dass eine jahrtausendalte Kirchengestalt zu Ende geht“ und etwas Neues beginnen muss.

Es geht nicht ohne Streit

Das alles geht mit Schmerzen und keineswegs ohne Streit über die Bühne. Man wünscht sich diesen sogar, weil nicht nur das Urchristentum zeigt, wie sehr um Gemeinde und Kirche zu ringen ist. Um es an einem der klassischen heißen Eisen zu exemplifizieren: Dass das Himmelreich durch ein bloßes Festhalten am Zölibat nicht erreicht wird, sollte klar sein. Aber auch, dass ein Aufgeben desselben die Kirchenkrise nicht automatisch beendet. Auch in dieser Frage muss vor Ort und in der Kirchenleitung gerungen – und gestritten! – werden.

Die eben erlebten steirischen Bischofs-Bräuche – Peitsche und Zuckerbrot – sollten nicht Schrecken hervorrufen. Sondern anstacheln, sich mit dem Bischof (und ihm auch ins Angesicht widerstehend) dieses Ringen um Kirche, dieses „Aggiornamento“ anzutun.

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