Steppenwolf der Malerei

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Wiener Dommuseum: 100 Jahre Max Spielmann - ein Antipode von Otto Mauer.

Vor 100 Jahren wurde der Tiroler Maler Max Spielmann geboren - Anlass für das Erzbischöfliche Dom-und Diözesanmuseum in Wien, einen Querschnitt seiner Werke mit religiöser Thematik und einige Bilder seines reichen "weltlichen" Schaffens zu zeigen. Spielmanns Vater hatte in Innsbruck einen Rauchfangkehrerbetrieb und reagierte auf den Berufswunsch seines Sohnes mit den Worten: "Ein Künstler, ein Hungerleider also will der Bub werden." Wenn schon ins Geistige "ausscheren", dann sollte der Sohn Priester werden.

Für die Ausstellung hat sich die Tochter des Künstlers von einem bisher noch nie gezeigten und auch in den Katalog nicht aufgenommenen Bild getrennt: Jesus vertreibt die Geldwechsler aus dem Tempel: ein dramatisches Zorn-, vielleicht sogar ein Hass-Bild. Der peitschenschwingende Jesus trägt nämlich die Züge des Malers Spielmann, der prominenteste Händler im schwarzen Talar ist Monsignore Otto Mauer. Hinter diesem rutscht einem gierigen Geldwechsler eine Truhe voller Münzen aus der Hand: Oswald Oberhuber ist klar zu erkennen. Ein Skandal? Er wird nicht stattfinden, denn die fast gleichaltrigen Gegner Max Spielmann und Otto Mauer sind tot. Die Ironie liegt darin, dass sich hinter der Tür gegenüber dem Bild die Sammlung Otto Mauers befindet, die kein Werk Spielmanns enthält, weil dem kunstsinnigen Monsignore die damalige Avantgarde - Oswald Oberhuber, Josef Mikl, Arnulf Rainer, Markus Prachensky, Maria Lassnig, Kiki Kogelnik - nahe stand und nicht der in seinen Augen konservative Tiroler. Sollte der im Westen Österreichs, in Nord-und Südtirol, in der Schweiz und in Bayern Kirchen mit biblischen Geschichten ausstatten; in Ostösterreich wusste Otto Mauer dies zu verhindern.

Was der handwerklich hervorragende Könner Spielmann in Bronze und Email schuf, erinnert an die Zeiten, als die Menschen nicht lesen konnten und in den Kirchen die biblischen Geschichten bildlich vermittelt bekamen: Klar erkennbare Szenen aus der Heilsgeschichte, nichts Revolutionäres, ein statisches Schaffen. Aber Spielmann war mehr als ein "katholischer" Künstler: Nur zwanzig Prozent seines Schaffens ist religiösen Themen gewidmet. 1938 wurden Werke von ihm als jüdische Kunst gebrandmarkt. Ab 1941 als Soldat in einem Kriegsberichterstatter-Trupp in Russland, Norwegen und Ostpreußen als Zeichner eingesetzt, musste er Blätter, die brennende Kolchosen, Leichenreihen und verhungernde Menschen festhielten, verbergen, wollte er sich nicht der Gefahr einer Anklage wegen Verbrüderung mit dem Feind aussetzen.

Die weltlichen Bilder Spielmanns zeigen einen kraftvollen expressionistischen Landschafts-und Städtemaler: Glühende Farben, Konzentration auf das Wesentliche, niemals nur abbildende Darstellungen vieler Gegenden und Städte Europas, die Spielmann stets vor der Natur malte. Humor hatte er übrigens auch. Sein Bild Paris - Im Louvre - ein beflissenes, etwas doofes Publikum vor Leonardos Mona Lisa - verrät, dass er sich keiner Illusion hingab bezüglich Kunstgeschmack, weder der breiten Masse noch der so genannten Sachverständigen: Spielmann - ein Steppenwolf der Malerei. Gestorben ist er 1984 in seinem Atelier.

Max Spielmann

Eb. Dom-und Diözesanmuseum

Stephansplatz 6, 1010 Wien

http:// www.dommuseum.at

Bis 13. 1. 2007 Di-Sa 10-17 Uhr

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