Streitpunkt: Besitzrückgabe ist noch offen

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die furche: Herr Erzbischof, wie ist die Situation der katholischen Kirche zehn Jahre nach der Wende?

Erzbischof Franc Rode: Die Hauptforderungen der katholischen Kirche wurden nicht erfüllt: Sowohl die Rückgabe der kirchlichen Güter als auch das Konkordat mit Rom sind immer noch offen. Die Erzdiözese Ljubljana hat lediglich 17 Prozent ihrer früheren Besitztümer zurückbekommen. Und auch die Einführung des Religionsunterrichts in den Schulen ist bis heute eine ungelöste Frage. Ungeregelt ist auch die Tätigkeit der Kirche in staatlichen Institutionen, wie Gefängnissen, Militäreinrichtungen oder Krankenhäusern.

In anderen Bereichen wiederum hat sich einiges zugunsten der Kirche geändert. Die Theologische Fakultät wurde wieder in die Universität eingegliedert. Auch verfügt die katholische Kirche bereits über vier Gymnasien, die zum Großteil vom Staat finanziert werden. Wir bekommen auch Geld für die Erhaltung kirchlicher Kulturdenkmäler und zur Restaurierung der Gotteshäuser.

die furche: Wie steht es mit der Position der Kirche in der Gesellschaft?

Rode: In der Gesellschaft spielt die Kirche eine wichtige Rolle. sehr viele Medien berichten über ihre Aktivitäten und veröffentlichen Erklärungen kirchlicher Vertreter. Es gibt aber auch Medien, die nicht nur gegen die Kirche agieren, sondern auch direkt das Christentum angreifen. Diese Berichte stehen jedoch auf sehr niedrigem intellektuellen Niveau.

die furche: Und wie ist es um die Situation innerhalb der Kirche bestellt?

Rode: Vor zehn Jahren gab es zehn Kandidaten im Priesterseminar, heuer sind es nur zwei. Das ist noch kein Grund zur Besorgnis. Bis jetzt haben wir noch genug Priester. In ganz Slowenien gibt es kaum eine Pfarre, die unbesetzt ist. Doch sollte dieser Trend anhalten, dass wir kaum neue Priesterkandidaten bekommen, so werden wir in zehn Jahren ernsthafte Probleme bekommen. Wir hoffen, dass dieser Zustand nicht eintreten wird. Dazu müssen wir jedoch unsere pastorale Tätigkeit neu orientieren.

Die Arbeit mit Jugendlichen ist in Slowenien genauso schwierig wie in ganz Europa. Um ihnen christliche Werte zu vermitteln, müssen wir neue Strategien entwickeln. Diese Arbeit können zum Beispiel geistliche Bewegungen übernehmen. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich bereits katholische Pfadfindergruppen. So ist die Jugend in Slowenien von der Kirche nicht weiter entfernt als das in anderen europäischen Ländern der Fall ist.

die furche: Fühlt sich die katholische Kirche von den Sekten, die heute einen leichteren Zugang aus dem Westen haben, jetzt mehr bedroht?

Rode: In Slowenien gibt es etwa 30 registrierte Glaubensgemeinschaften. Doch generell gesagt haben die Sekten in Slowenien wenig Erfolg. Der slowenische Mensch ist - was den Glauben anbelangt - sehr konservativ, und er ist auch sehr mit seiner Heimat verbunden. Der Zukunft der slowenischen Kirche sehe ich mit Optimismus entgegen und glaube, dass unsere Kirche sehr gute Perspektiven für die Zukunft hat. Die Kirche hat keine Angst vor dem Westen. Aber im Falle des EU Eintritts wollen wir auf alle Fälle unsere christlichen Werte bewahren. Dabei rechnen wir mit der Hilfe anderer Schwesterkirchen.

Das Gespräch führte Georg Motylewicz.

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