Subtile Erotik - und mehr

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Meret Oppenheim wird in einer Retrospektive im Bank Austria Kunstforum als Künstlerin vorgestellt, die in ihrer Karriere viele Haken schlug.

Eine Tasse, mit Pelz überzogen: sie machte die Künstlerin Meret Oppenheim im Paris der dreißiger Jahre zum weiblichen Star der Surrealisten - damit hatte sie ein bedeutendes Kultobjekt geschaffen, aber sich auch der Gefahr ausgesetzt, festgelegt zu werden. Durch Aktfotos, die Man Ray von ihr anfertigte, wurde sie außerdem zur Surrealisten-Muse. Gegen beide Assoziationen sollte sich die Deutsch-Schweizer Künstlerin ihre Karriere lang wehren, wohl kaum jemand hat innerhalb der Kreation seines Œuvres so viele Haken geschlagen wie Oppenheim. Eine Retrospektive im Bank Austria Kunstforum anlässlich ihres 100. Geburtstags, die erste museale in Österreich, versucht, Divergenzen und Parallelen aufzuzeigen.

"Die Herausforderung war es, rote Fäden zu finden, anhand derer die Bandbreite des Schaffes aufzuzeigen ist“, sagt Kuratorin Heike Eipeldauer. Sie hat die Ausstellung nach losen Themen geordnet. Die Aktfotos von Man Ray fehlen nicht, subtile Erotik wird auch mit Pelzobjekten erzeugt, wenngleich die berühmte Tasse nicht ausgestellt ist. Dafür versprühen Handschuhe, die mit Pelz verkleidet sind, der gerne mit der Funktionalisierung des weiblichen Körpers in der Kunst assoziiert wird, sowie ein Bierkrug mit Eichkätzchenschweif erotische Spannung. Oppenheims Umgang mit dem Erotischen in den zweckentfremdeten Gegenständen war humorvoll und provokant. "Sie hätte Überziehungskünstlerin werden können“, die meist zwanzig Jahre älteren Surrealisten waren von ihr und ihren Einfällen fasziniert. "Doch sie setzte sich gegen jede Vereinnahmung zur Wehr und vermied jede Routine - gerade das macht sie für unsere Generation lebendig“, sagt Eipeldauer.

Traumprotokolle

Fündig wurde Oppenheim, die bereits mit 17 aus dem bürgerlichen Elternhaus ausbrach, in dem sie von der ebenfalls künstlerisch tätigen Großmutter und der liberal denkenden Tante beeinflusst worden war, zeitweilig in Träumen. Ihr Vater, der Frauen jegliche Leistung in der Kunstwelt absprach, den sie aber mit ihrer Gleichung x = Hase im Mathematikheft überzeugte, hatte sie mit C. G. Jung bekannt gemacht. Oppenheim erstellte zeitlebens Traumprotokolle, die ihr zu wichtigen Inspirationsquellen wurden. Wie sie versuchte, das Unbewusste malerisch fassbar zu machen, wird im Hauptraum des Bank Austria Kunstforums thematisiert, in Wolken- und Wellenbildern tauchen menschliche Schemen auf und scheinen ebenso schnell wieder zu verschwinden.

Auch die Wandlungsprozesse der Natur werden in einigen Bildern thematisiert. Metamorphosen wurden für Oppenheim zum Schlüsselmotiv, in zahlreichen Werken kann man Schmetterlinge finden. Die für die feministische Kunst wichtigen Masken waren für Oppenheim bedeutsam, das Spiel ist in ihrer Kunst omnipräsent. Auf einem Schachbrett platzierte sie einen Teller, auf diesem eine Dame-Figur aus Teig - Opferrolle der Frau und Schach als Spiel der Machtverhältnisse wurden gleichermaßen thematisiert.

Ihre künstlerische Krise nach ihrer Heimkehr in die Schweiz konnte Oppenheim nur überwinden, indem sie für sich erkannte, dass Kunst immer männlich und weiblich sei. Den Porträts, die Man Ray von ihr schuf, setzte sie Selbstdarstellungen entgegen, solche als Röntgenbild, mit Tätowierung über das Gesicht oder als Greisin. Aber auch subtilere Selbstporträts gibt es, beispielsweise das als Steinfrau mit einem Oberkörper aus Steinen und ins Wasser hängenden Beinen.

Zu den Surrealisten wollte Oppenheim nicht ausschließlich gehören, auch von der feministischen Kunst, für die sie ein großes Vorbild war, ließ sie sich nicht vereinnahmen. "Das Gesamtwerk wird im internationalen Kontext nur ansatzweise wahrgenommen. Die Oppenheim-Rezeption hat noch viele Lücken“, sagt Eipeldauer, die Schau soll dazu beitragen, diese nach und nach zu schließen.

Meret Oppenheim

Bank Austria Kunstforum, Freyung 8, 1010 Wien

bis 14. Juli, täglich 10-19, Fr bis 21 Uhr

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