Szenarien einer ambivalenten Zukunft

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Utopisch und dystopisch, praktisch und spekulativ: Die heurige Vienna Biennale widmet sich an mehreren Ausstellungsorten den Potenzialen der digitalen Welt -vor allem den Ängsten und Hoffnungen, die mit Robotik und Automatisierung verbunden sind.

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Utopisch und dystopisch, praktisch und spekulativ: Die heurige Vienna Biennale widmet sich an mehreren Ausstellungsorten den Potenzialen der digitalen Welt -vor allem den Ängsten und Hoffnungen, die mit Robotik und Automatisierung verbunden sind.

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Die Digitalisierung beeinflusst unsere Arbeits-und Lebenswelt wie keine technische Errungenschaft bisher. Immer mehr menschliche Tätigkeiten werden durch Robotik und Automatisierung ersetzt. "Smart Homes" kommunizieren mit ihren Bewohnern, Implantate werden in den Organismus eingesetzt, Roboter dienen als Pfleger. Die alte Science-Fiction-Idee vom humanoiden Roboter wird immer realer - ebenso wie die Frage, wie weit Roboter über das Schicksal der Menschheit bestimmen könnten.

Obwohl all diese Entwicklungen bekannt und brisant sind, werden sie erstaunlich wenig diskutiert. Daher widmet sich die Vienna Biennale 2017 dem Thema "Roboter. Arbeit. Unsere Zukunft". Mehr als 300 Kunst-,Design-,Architekturschaffende und andere Teilnehmende haben sich interdisziplinär dem Phänomen genähert, um das Potenzial der Digitalisierung zu erfassen und positiv, also menschengerecht verwertbar zu machen.

Digitales Design

"Arbeit ist zentral für unseren Wohlstand und unser Wohlgefühl. Automatik und Robotik lösen Grenzen auf, vor allem zwischen Mensch und Maschine. Diese elementaren, von der Digitalen Moderne ausgelösten Veränderungen anzusprechen und human mitzugestalten, ist ein zentraler Anspruch der Vienna Biennale 2017", so Christoph Thun-Hohenstein, Generaldirektor des Wiener Museums für Angewandte Kunst (MAK) und Leiter der Vienna Biennale 2017. Das MAK zeigt dazu einige Ausstellungen, eine davon ist "Hello, Robot. Design zwischen Mensch und Maschine". Sie wurde von Thomas Geisler und Marlies Wirth (MAK), Amelie Klein (Vitra-Design Museum) und Fredo de Smet (Design museum Gent) über viele Skype-Sessions hinweg gemeinsam kuratiert: als reichhaltige, sinnliche Reise in die Welt der Robotik mit über 200 Exponaten.

"Seit 150 Jahren definieren wir Design über Form und Funktion, doch darum geht es im Digitalen überhaupt nicht", so Amelie Klein. "Eine robotische Leuchte etwa zeichnet sich durch ihre Interaktionsmöglichkeit aus." Das heißt, sie reagiert auf Schritte, Bewegungen und auch Stimmungen -und könnte sogar ihre Freude ausdrücken, wenn eine Person im Raum erscheint.

Klischee und Wirklichkeit

"Have you ever met a robot?" - Wie in einer Wunderkammer begegnen einem im ersten Raum dieser Ausstellung historische Spielzeugroboter, ein Plakat zum Film "Metropolis"(Fritz Lang), auf dem Heinz Schulz-Neudamm 1926 einen der ersten Roboter darstellte, sowie der putzige Droide R2_D2 aus dem Film "Starwars" und viele andere Roboter-Promis aus Büchern, Film und Fernsehen.

In Wirklichkeit sind sie wesentlich dezenter und bereits omnipräsent. "Eigentlich sind alle Reaktoren, die physisch messbar interagieren können, Roboter", so Amelie Klein. Auch unsere Smart Phones interagieren. "The document was the basis for the name. Fantasy emerges from ornamentation": Diese Sätze des Manifests No. 12578 verfasste ein Roboter aus dem Labor des Zentrums für Kunst und Medien (ZMK) Karlsruhe am 19. Juni 2017. In der Ausstellung kann man ihm dabei zusehen, wie er kontinuierlich aus zufälligen Satzstrukturen Unikate produziert, die sich als Manifeste am Boden unter ihm sammeln. Daniel Theobald entwickelte 2005 den "Battlefield Extraction Assist Robot" - kurz BEAR: Er hat ein Gesicht wie ein Bär und transportiert verletzte Soldaten aus dem Schlachtfeld. Guy Hoffmann und Oren Zuckerman bauten 2015 das empathische robotische Objekt "Kip". Es reagiert auf freundliche Stimmen mit Interesse und zittert bei Aggression. Man nutzt es zur Selbstkontrolle in der Alltagskommunikation. Sehr witzig auch die Skulptur "Hylozoic Grove" von Philip Beesley (2016), ein filigranes Gebilde mit vielen Sensoren, das auf Personen im Raum reagiert, oder der "Spider Dress" von Anouk Wipprecht (2015): Die langen, dekorativen Stäbe seiner Schulterpartie dehnen sich aus, wenn jemand der Trägerin zu nahe kommt.

Gemeinschaftliches Teilen

Einen Stock darüber widmet sich die vom Institute of Design Research Vienna kuratierte Ausstellung "StadtFabrik" neuen Formen des kreativen, sozialen und nachhaltigen Arbeitens und der Logik der "Commons", der gemeinsamen Ressourcen. Hier sind alle Akteure Pioniere; das Wissen wird gemeinschaftlich geteilt. Das führt zu eindrucksvollen Lösungen wie dem WikiHouse, einem Open Source Projekt zum Hausbau und Hausdesign, oder der Mode des Post-Couture Collective, deren Stoffe recycelt und deren Schnitte für "Do-It-Yourself"-Modelle aus dem Laserdrucker kommen. Unbedingt auch ansehen!

Vienna Biennale 2017

Roboter. Arbeit. Unsere Zukunft Bis 1.10., www.viennabiennale.org

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