Szenisch nobel, vokal brillant

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Nur fünfmal wurde Georg Friedrich Händels drittletzte Oper zu seinen Lebzeiten aufgeführt. Erst 1924, bei den Göttinger Festspielen, kam es zu einer Renaissance dieses "Serse“, von dem nach wie vor kaum mehr bekannt ist als das gleich am Beginn erklingende Largo (das eigentlich ein Larghetto ist), das längst in vielerlei Bearbeitungen existiert. Zugegeben, das Libretto strotzt auch nicht gerade von Originalität.

Eine Familiensaga, würde man heute sagen, die schließlich halbwegs gut ausgeht. Denn Serse, der Perserkönig, erkennt nach nicht immer kurzweiligen knapp über drei Stunden, dass er doch mit seiner ehemaligen Verlobten, der Erbprinzessin von Tabor, Amastre, sein weiteres Leben verbringen soll, Ariodates Tochter Romilda nicht ihn, sondern seinen Bruder Arsamene liebt und diesen daher auch ehelicht. Der ist damit auch für deren Schwester Atalanta vergeben, so raffiniert sie scheinbar ihre intriganten Fäden zu ziehen und knüpfen versucht. Ihr bleibt, wie sie im Finale unumwunden erkennt, nichts anderes übrig, als Ausschau nach einem anderen Liebhaber zu halten.

"Ein lieblicherer Schatten war nie …“

Ein einen Palast suggerierender Rundbau, dahinter eine Waldlandschaft, das ist das von den Worten des Larghetto inspirierte, noble, die unterschiedlichen Schauplätze plastisch suggerierende Bühnenbild, das Tobias Hoheisel für den von seiner erfolgreichen "Alcina“-Inszenierung an der Staatsoper bekannten Regisseur Adrian Noble entworfen hat. Er versteht darin die Personen klar wie diskret zu zeichnen, ebenso ihre immer wieder von unerwarteten Momenten geprägte Interaktion deutlich werden zu lassen.

Das eigentliche Ereignis dieses Abends aber ist die vokale Brillanz auf der Bühne, wenngleich auch sie nicht ganz darüber hinwegtäuschen kann, dass dieses dreiaktige Dramma per musica seine Längen hat, erst in der Schlussphase zu wirklicher Dramatik aufläuft. Freilich, besser, und dies in einem umfassenden Wortsinn, als im Theater an der Wien wird man diesen Händel, der selbstverständlich im italienischen Original gegeben wird, kaum besetzen können. Begonnen mit der hinreißend ihr Schicksal darstellenden Malena Ernman in der Titelpartie, über den vorzüglichen Bejun Mehta als schließlich doch sein Glück findenden Serse-Bruder Arsamene, Adriana Kuˇcerová und Danielle de Niese als ideal ihre Parts spielende Schwestern Romilda und Atalanta bis hin zu Anton Scharinger als prägnantem Ariodate, Luciana Mancini als liebreizender, sich zwischendurch geradezu zu einem Mafioso verkleideter Amastre und dem köstlich humorvollen Andreas Wolf als Diener Elviro.

Sie alle kundig, wenn auch mit unterschiedlicher Spannung geführt von Jean-Christophe Spinosi an der Spitze seines auf Instrumenten der Zeit selbstverständlich musizierenden Ensemble Matheus und des wie stets perfekt einstudierten Arnold Schoenberg Chors.

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