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Martin Crimps "Cruel and Tender" im Wiener Museumsquartier: General als Kriegsverbrecher.

Die Schlagzeile der Tageszeitung, die einem am Theaterausgang in die Hand gedrückt wird, lautet: "Folter im Irak: US-General soll zugeschaut haben". Eine Schande für die Supermacht Amerika, wenn es stimmt, eine fast wie perfekte PR anmutende Bestätigung für den britischen Dramatiker Martin Crimp, dessen Drama "Cruel an Tender" gerade im Wiener Museumsquartier seine Festwochen-Premiere erlebt hat und mit dem Abgang eines Generals, dem Kriegsverbrechen vorgeworfen werden, endet. Die von Luc Bondy inszenierte Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen und dem Théâtre des Bouffes du Nord wird noch bis 4. Juni in englischer Sprache mit Untertiteln gezeigt.

In Anlehnung an die antike Sophokles-Tragödie "Die Frauen von Trachis" geht es bei Crimp um die ewig aktuellen Themen Liebe, Eifersucht, Gewalt und Tod. Im Mittelpunkt steht zunächst Amelia (von Kerry Fox mit großer Intensität gespielt), deren Mann, ein britischer General, kaum daheim ist, weil er in fernen Ländern den Terror bekämpft und sich dabei offenkundig kaum um Menschenrechte kümmert. Amelia zieht einstweilen im geräumigen Haus mit drei für ihre Fitness und Schönheit sorgenden Damen Sohn James (gekonnt spätpubertär: Toby Fisher) groß. Ein trautes Heim ist es spätestens dann nicht mehr, als der General (eine Spur zu grobschlächtig: Joe Dixon) die junge Afrikanerin Laela (Georgina Ackerman) in seinem Haus einquartiert und diese sich als seine Geliebte entpuppt.

Endet bei Sophokles der vom Kampf heimkehrende Held Herakles durch ein vergiftetes Hemd, so wird bei Crimp der General durch eine Chemikalie zum Todgeweihten. In der Annahme, es sei kein Giftstoff, sondern - wie ihr ein früherer Verehrer eingeredet hat - ein Mittel, die eheliche Treue zu sichern, schickt Amelia (wie im Mythos Deianira dem Herakles) ihrem Gatten das verhängnisvolle Präparat und begeht, als ihr die Folgen ihres Handelns klar werden, Selbstmord.

Der körperlich und geistig dahinsiechende General, sicher keineswegs schuldlos an Kriegsverbrechen, aber offenbar dazu auch von höherer Stelle ermutigt, darf für die Politik die Rolle des Sündenbocks spielen. Man versichert ihm, "die Götter" würden ihm beim Prozess zuschauen. Zurück bleiben sein Sohn James, zwei junge Menschen aus Afrika und das ungute Gefühl, dass die heutigen Terrorbekämpfer den weltweiten Terror eher vermehren als vermindern werden.

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