Werbung
Werbung
Werbung

Am 13. Juli beginnt "ImPulsTanz": Europas größtes Tanzfestival. Eine Vorschau

Gezählte 47 verschiedene Stücke an knapp 100 Einzelterminen sind an den 31 Tagen des Festivals zu sehen - für Afficionados die Erfüllung all ihrer Phantasien. Einen Monat lang. Ich versuche ein paar Schneisen ins Programmdickicht zu schlagen und lande bei einem neuen Namen: der Zypriotin Maria Hassabi, die in New York lebt, dem wieder erstarkten "Mekka des modernen Tanzes". Unter harten materiellen Bedingungen und im politischen Gegenwind versucht eine wie Hassabi, nicht auf dem Teller des Schicksals liegen zu bleiben. In Still Smoking ertränkt sie die Bühne in Ry-Cooder-Klängen und nimmt uns die Hoffnung, dass die Wirklichkeit nicht immer bitter oder töricht sei (7. 8., 21 Uhr, Akademietheater).

In der multimedialen Tanzperformance No Change or Freedom is a psycho-kinetic skill von DD. Dorvilliers tanzt die experimentierfreudige "Stadtneurotikerin" auf einer leeren, weißen Bühne im schwarzen Kabelsalat, ganz verloren, ganz dem Unglück verschrieben: "No Changes", sagt sie auch selbst (12. 8., 19 Uhr, Arsenal).

Dritte New Yorkerin im ImPuls-Programm: die wilde, scharfe Ann Liv Young, die Theaterräume in Tollhäuser verwandelt. Sie ist das Küken unter den jungen Choreografinnen aus dem "Big Apple", ihr Solo, das übrigens ein Trio ist, entwickelte sie in der eigenen Wohnung. Als unschuldige "Sexschnute" auf dem rosa Teppich lässt sie uns Einsicht in ihr Lebensmotto nehmen: "Erfahrung ist möglich - Erlösung unwahrscheinlich" (6. 8., 20 Uhr, Kasino am Schwarzenbergplatz).

Ann Liv Youngs Performance findet übrigens im Rahmen von [8:tension], der Young Choreographers' Series von ImPulsTanz statt, und diese ambitionierte Aufführungsreihe ist nicht genug hervor zu heben. Gibt sie doch auch weniger bekannten Namen ein Forum im, mit großem Aufwand betriebenen Name Dropping des mittlerweile größten Tanzfestivals Europas.

Eröffnet wird mit D'un soir, un jour, der neuen Arbeit der belgischen Choreographin Anne Teresa de Keersmaker und ihrer Compagnie Rosas, im Programmheft mit dem Attribut "erotisch" versehen. Der Star ihrer Zunft nimmt sich Strawinskys Fireworks und Debussys Jeux an; dämpft damit ihre Angst vor der Todesstille, die in jeder Geste offenbar wird - die Angst, das Unersetzliche, das Einzigartige, das Leben zu verlieren. (13. + 15. 7., 21 Uhr, Burgtheater).

Im seltsamen Stück D'avant des Belgiers Sidi Larbi Cherkaoui, vormals Mitglied von Les Ballets C. de la B., singt eine "Boygroup des Mittelalters" Madrigale: bissig, lustig, sehr professionell. Und diese vier Männer sind äußerst erfindungsreich beim Stürzen in immer neue Leidenschaften. Umarmungen und Verschlingungen lassen sie miteinander verwachsen: "Hab Gnade mit mir, erlöse meine Unvollkommenheit", singen sie. Eine Unvollkommenheit, die sie so anziehend macht und so bedürftig - Kreaturen, hechelnd und heulend. (5. + 6. 8., 20.30 bzw. 21 Uhr, Volkstheater).

"Das Konzept Tanz ist schon lange aufgebrochen", meinte der Doyen unter den österreichischen Modern-Dance-Choreographen, Willi Dorner, jüngst in einer Diskussion: "Für mich ist es der Zugang zu einer Situation oder zu einem Raum, eine besondere Form der Wahrnehmung, die den Tanz hereinbringt." Er führt mit seinem tanzkaraoke*version ein Österreicherpaket an, das sich bei ImPulsTanz mit neuen Arbeiten präsentiert: Barbara Kraus, Michi Matsune und David Subal, Chris Haring, Saskia Hölbling, Akemi Takeya. Vornehmlich bedienen sie sich alle des interaktiven Tanzkonzeptes und verlieben sich in das Spiel mit Identitäten: etwa Barbara Kraus als polternder Macho Jonny in ihrem Fuck all that shit. Darin treten auch noch Christoph Schlingensief, Joseph Beuys und Andy Warhol auf, die durch "De-Identifikation" aus ihren Rollen gekippt werden: irgendwie köstlich.

Kurz gesagt: Ein Programm, das auch lange Sommerabende wie im Flug vergehen lassen wird. Und das in seiner Fülle selbst beim fleißigsten Besucher ein Gefühl sicher zurück lassen wird: etwas Wichtiges versäumt zu haben.

www.ImPulsTanz.com

Tel: 01/523 55 58

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung