Telegenität vor Qualität?

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Was dem einen seine "Romy", ist dem anderen seine "Austria". Zwei österreichische Qualitätszeitungen, Kurier und Presse, zeichnen österreichische Leistungen aus und bekämpfen damit das traditionelle österreichische Minderwertigkeitsgefühl. "Austria", heuer "Austria 04", ist neu und möchte so etwas wie ein österreichischer Nobelpreis sein. Wissenschaft, Wirtschaft und Humanität sind die Kategorien der Ausschreibung. Man soll nicht unverschämt sein, aber wenn schon von "Nobelpreis" die Rede ist, fallen einem noch weitere Kategorien ein: Kultur ist in Österreich durchaus preisverdächtig; und wie wäre es mit einem österreichischen Friedensnobelpreis für ÖsterreicherInnen, denen es gelungen ist, der Innenpolitik ein paar Giftzähne zu ziehen?

Freilich, das würde das Spektakel überfrachten. Denn um ein Spektakel handelt es sich. Leser dürfen Namen nennen, und was eine Jury daraus macht, wird zuletzt einem Saalpublikum mit TV-Übertragung zur Schlussausscheidung überlassen. Über den Unterhaltungswert eines solchen Verfahrens gibt es keinen Zweifel. Ob es aber zur Qualität von Kreativen und Engagierten in Wissenschaft und Humanität gehört, sich in einer Fernsehshow zu bewähren? In der Politik geht schon lange Telegenität vor Qualität, ohne dass das eine das andere ausschließen muss. Ebenso ist die Wirtschaft auf sichtbare und vermittelbare Erfolge angewiesen. Wissenschaft und Humanität hingegen sind sehr oft gerade dann besonders gut, wenn sie nicht populär sein wollen.

Leopold Ungar, der unvergessene Caritas-Präsident, meinte einmal, er diskutiere seine Arbeit ungern in aller Öffentlichkeit; wenn nämlich die Leute wüssten, welche sozial missachteten Gruppen unterstützt werden, würde man sich heftige Opposition einhandeln. Populismus ist eine Gefahr, in Österreich schon gar.

Der Autor ist freier Publizist.

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