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Im Wiener 3raum-anatomietheater spielen drei Personen Hannah Arendt.

Hannah Arendt ist eine faszinierend klare Denkerin, und ihre Sätze faszinieren sogar dann noch, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen werden. Oder wenn sie skandiert, gestottert, zerhackt und geschrien werden.

Das alles geschieht derzeit im 3raum anatomietheater in Wien. Denn dort gibt man Hannah Arendt im Trialog - was ledigleich bedeutet, dass eine Collage ihrer Texte auf drei Personen (Karola Noederhuber, Tania Golden und Florian Carove) aufgeteilt werden.

Wozu das gut sein soll? Wenn man darüber nachdenkt, kann man sich auch fragen, warum ständig weiße Kulissen verschoben werden, sich jemand zu Boden wirft oder ein Wassertrog herumsteht (Regie: Nicole Delle Karth). Ja, wir sind nun mal im Theater, und dort muss halt irgendetwas geschehen. Einen Zusammenhang mit Hannah Arendt hat lediglich das ständige Rauchen: Sie war schließlich auch eine Kettenraucherin.

Vielleicht liegt dem Ganzen ja die Idee zugrunde, Hannah Arendt für Menschen aufzubereiten, die sich ihr über die Bücher allein nicht nähern würden oder ihre Lektüre auffrischen wollen. Doch der Abend funktioniert in beiden Fällen nicht: Wer die Texte schon kennt, ist stellenweise entsetzt, was da ohne Rücksicht auf den Argumentationszusammenhang aneinandergekleistert wird. Und wer Hannah Arendts Sätzen zum ersten Mal ausgesetzt wird, bekommt nicht die geringste Pause, um einen davon zu verarbeiten.

Zugute halten kann man diesem Trialog, dass er versucht, die Denkerin mit allen Schichten ihres Werkes präsent zu setzen und dass der Leitsatz "Ich will verstehen" Anfang und Ende stringent verbindet. Und natürlich die große Memorierleistung, sich so viel Hannah-Arendt-Text (und leider auch noch einige eingeschmuggelte Zwischensätze und Variationen) zu merken.

Aber gerade Hannah Arendt war eine Denkerin, die nicht abstrakt und prinzipiell, sondern sehr oft auf konkrete Anlässe hin argumentiert hat. Und diese Kontexte werden geradezu eliminiert. So gerät das Abspielen der Textmasse zu einem aufwändigen Leerlauf und man kann nur raten: Besser Hannah Arendt im Original, vielleicht mit einer guten Einführung, lesen, als sich diesem Abend auszusetzen.

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