Theater - © Foto: © LTH / Christina Baumann-Canaval

Salzburger Landestheater: 189 Tage und fertig!

19451960198020002020

Alles neu: „Die Entstehung des Lichts“ in der Felsenreitschule, „Buddenbrooks“ und das Salzburger Landestheater.

19451960198020002020

Alles neu: „Die Entstehung des Lichts“ in der Felsenreitschule, „Buddenbrooks“ und das Salzburger Landestheater.

Werbung
Werbung
Werbung

Man würde dem für die Renovierung des Salzburger Landestheaters Hauptverantwortlichen, dem Kaufmännischen Direktor Bernhard Utz, nicht gerecht werden, sagte man, er und die gesamte Crew von Haus und Bau hätten ein Wunder vollbracht. Es ist mehr. In 189 Tagen ist etwas geschehen, das Andere nicht einmal zu träumen wagten und in zehn Jahren nicht zuwege gebracht hätten: ein Haus vom Keller bis zur Kuppel zu renovieren. Mit neuer Ausstattung des Publikumssaals, mit neuem Fußboden, neuer Bestuhlung, Beleuchtung und Technik und und und.

Und dann die Überraschung: Unter dem grauen Anstrich der Stuckaturen tauchte Vergoldung auf. Ein Zusatz zu den vor Corona veranschlagten 13,6 Millionen Euro, die Renovierung und Neuausstattung bei Beleuchtung und Bühnentechnik auf den letzten Stand des heute Möglichen bringen sollten. Das wurde gefeiert, mit allem, was das Haus an der Schwarzstraße zu bieten hat: Oper, Schauspiel, Tanz. Zweieinhalb Stunden für die Gala, mit der das rotweiß-golden strahlende Haus nach diesem geglückten Termin-Hasard am 12. November wieder „in Betrieb“ genommen wurde.

Die Statements der Architekten und der Firmenvertreter, die dieses Werk vollbracht haben, deuteten Vieles an, das Printexemplar der Dokumentation zwingt in seiner eleganten Aufmachung zur ausführlichen Lektüre über das „neue“ alte Landestheater. Was Intendant Carl Philip von Maldeghem und sein Kaufmännischer Direktor in diesem halben Jahr zu Stande gebracht haben, wird sicher kritisch und argwöhnisch begutachtet werden. Doch Neid ist fehl am Platz. Denn es geht um Können, Wollen und Tun. Dass der Termin- und der Finanzplan eingehalten wurden, ist keine Selbstverständlichkeit, denn all das war schon vor der Coronakrise und allen damit verbundenen Unwägbarkeiten, wie die „Auslagerung“ von Premieren an die Peripherie der Stadt, festgelegt.

Schöpfung und Fall

Dass Sängerinnen und Sänger, Schauspielerinnen und Schauspieler, Tänzerinnen und Tänzer neue Möglichkeiten zur Umsetzung ihrer Ideen erhalten haben, ist garantiert. Das Publikum darf sich freuen: kein störendes Knarren der Stühle auf dem Balkon, keine durchgesessenen Sessel mehr im Haus, optimale Beleuchtung und Belüftung – geschafft haben das alle, die sich zu einem „Wir“ und „unser Haus“ zusammengefunden haben.

Während im Landestheater noch gearbeitet wurde, gab es in der Felsenreitschule ein Projekt des Hausherrn: „Die Entstehung des Lichts“. Carl Philip von Maldeghem hatte sich die Evolution vorgenommen. Briefe und Tagebuchaufzeichnungen von Charles Darwin zum Thema „Galapagos“, Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ und dazu des Ballettchefs Reginaldo Oliveiras Idee, Elemente von heute in die Schöpfung und ihre tänzerische Umsetzung mit hineinzunehmen. War die Evolution ein göttlicher Masterplan? Wie alt ist die Erde überhaupt? Fragen zwischen Ursuppe, Paradies-Erzählung und letztlich wissenschaftlicher Erkenntnis.

Das war ein theatrales Abenteuer auf Breitwand, das auch das Zeitalter des Anthropozäns einschloss. Unter dem Titel „Homo Deus“, dem sich in seiner Mächtigkeit allmächtig fühlenden Menschen, der die Erde, auf der er lebt, verwüstet und vergiftet, hörte man aber eher doch ideologisch verbrämte Schlagworte, die sich in die große Idee des Projekts nicht so recht einfügen wollten. Dennoch: In „Galapagos“ überzeugten, auch dank der Bühne (Stefanie Seitz), Nils Arztmann als Charles, Leyla Bischoff als Emma Wedgwood, Georg Clementi und Sarah Zaharanski, die auch in „Homo Deus“ agierten. In der „Schöpfung“ waren es Laura Incko als Gabriel und Eva, Mario Lerchenberger als Uriel und Philipp Schöllhorn als Raphael und Adam, die im Monumentalwerk Haydns überzeugten. Das Ballettensemble sah sich in dieser evolutiven Versuchsanordnung herausgefordert, in sich immer wiederholenden Bewegungsabläufen einer expressiven Choreografie von Reginaldo Oliveira das Paradies und seinen Verlust in Bilder umzusetzen. Das Mozarteumorchester Salzburg leitete Gabriel Venzago.

Aufstieg und Fall einer Familie schildert Thomas Mann in seinem Nobelpreis-Roman „Buddenbrooks“ von 1929, erschienen 1901 aus der Feder des damals 22-Jährigen. John von Düffel hat mit seiner Bühnenfassung den Roman stringent komprimiert. Alexandra Liedtke hat sich für ihre Inszenierung am Landestheater einen Latten-Käfig bauen lassen (Philip Rubner). Dort agiert das bei der Premiere mit rhythmischen Applaus bedachte Buddenbrook-Trio Gregor Schulz (Thomas), Lisa Fertner (Tony) und Maximilian Paier (Christian) in der fast manieristischen Regie, um die Fassade einer angesehenen Kaufmannsfamilie aufrecht zu erhalten. Der alte Buddenbrook (Christoph Wieschke) sagt: „Mein Sohn, sei mit Lust bei den Geschäften am Tage, aber mache solche, dass wir bei Nacht ruhig schlafen können.“ Ein großer, interessanter Theaterabend.

Die Entstehung des Lichts
Salzburger Landestheater in der Felsenreitschule, 2., 4.12.

Buddenbrooks
Salzburger Landestheater, 9., 14., 15., 16.12.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung