Tristan - Durch Wasser reflektierte Seelenlandschaften
Ungewohnt, aber keineswegs unlogisch präsentiert sich der neue „Tristan“ an der Wiener Staatsoper. Kräftige Buh-Rufe für die Regie schloss das nicht aus.
Ungewohnt, aber keineswegs unlogisch präsentiert sich der neue „Tristan“ an der Wiener Staatsoper. Kräftige Buh-Rufe für die Regie schloss das nicht aus.
Der große Skandal, den manche bei dieser „Tristan“-Premiere erwartet, sich vielleicht sogar herbeigewünscht hatten, war es nicht. Offensichtlich hatten viele schon in der Generalprobe, bei der bereits nach dem ersten Aufzug die Regie mit heftigem Missfallen bedacht wurde, ihr Pulver verschossen. Aber hat man ernstlich erwartet, dass der seit jeher für avancierte Deutungen bekannte Calixto Bieito mit einem konventionellen „Tristan“ im Haus am Ring aufwarten würde? Spätestens nach seinen im Vorfeld dieser Neuproduktion publizierten Interviews, in denen er seine sehr spezifische Lesart präsentierte, musste man auf Ungewöhnliches gefasst sein.
Aber ist es wirklich so ungewöhnlich, in einem Sujet, das derart mit der See verbunden ist, so dominant auf das Thema Wasser zu setzen, wie es bei Bieito der Fall ist? Es lässt sich durchaus unterschiedlich deuten: etwa Wasser als Symbol für den Spiegel eigener und fremder Seelenlandschaft. Oder als Ort der Reinigung, wenn sich Tristan, der immerhin einen Mord auf dem Gewissen hat, darin gleich zu Beginn aalt. Offen bleibt allerdings, welches Anliegen die Regie damit verfolgt, dass sie im dritten Akt Nackte baden lässt, die später mit dem Gesicht zur Wand stehen, nachdem sie sich vorher intensiv umarmt hatten. Eine Metapher dafür, wie wechselhaft Liebe sein, dass man durch sie verzaubert, aber schon im nächsten Augenblick an den Rand einer unüberwindbaren Mauer geführt werden kann?
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