Thriller, ganz psychologisch

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Ein Verbrechen in der Provinz, bei dem Opfer wie Täter als auch Motiv im Dunkel bleiben, gibt "La Chambre Bleue" ("Das blaue Zimmer"), dem neuen Film des französischen Schauspielers Mathieu Amalric, seinen narrativen Rahmen. Amalric, der 2010 mit "Tournée" sein Langfilm-Regiedebüt gab, adaptiert hier einen Roman von George Simenon in einer atmosphärisch dichten Genre-Variaton als beunruhigenden psychologischen Thriller und gleichzeitig poetischen Blick auf Lust und Besessenheit.

Wie auch in "Tournée", ist Amalric in der Hauptrolle zu sehen: Als Julien Gahyde ist er ein Vertreter für Landwirtschaftsmaschinen, finanziell gut abgesichert und wohnt mit hübscher Ehefrau (Léa Drucker) und bezaubernder Tochter (Mona Jaffart) in einem schmucken Einfamilienhaus. Und trotzdem, dennoch oder gerade deswegen hat er eine Affäre mit der attraktiven Apothekerin Esther (Stéphanie Cléau), der Ehefrau seines ehemaligen Schulkameraden Nicolas Despierre (Olivier Mauvezin).

Reminiszenz an Claude Chabrol

Der Film beginnt mit einem Polizeiverhör, bei dem sich Julien und Esther offenbar nach langer Zeit zum ersten Mal wieder treffen und führt dann chronologisch versetzt tiefer in die mögliche Rekonstruktion dessen, was passiert sein könnte. Szenen vor einem Richter und vor allem impressionistisch anmutende, elegant gefilmte und sinnliche Sequenzen einer Nacherzählung entweder aus Juliens oder Esthers Perspektive suggerieren lediglich, was Julien widerfahren sein könnte, was andere vermuten, dass er getan habe oder was es überhaupt aufzuklären gilt.

In seiner Reminiszenz an den New-Wave-Krimispezialisten Claude Chabrol ist der Film nie forciert, und Amalric findet genügend Raum für eine modernistische Annäherung an das Genre. Ausreichende Anhaltspunkte und Fährten, aber dennoch eine scheue, intellektuelle Zurückhaltung legen hier die psychologische Analyse einer Situation näher als eine bloße Dramatisierung.

Das blaue Zimmer (La Chambre Bleue) F 2014. Regie: Mathieu Amalric. Mit Mathieu Amalric, Léa Drucker. Filmladen. 76 Min.

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