Prinz Homburg - © Foto: Nachlass August Kubizek in Kooperation mit dem DÖW

Tödliches Erbe: "Der junge Hitler" und heute

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Wahn, Fanatismus, Verschwörungstheorien, sonderbare Mythen und Selbstüberschätzung prägten den National­sozialismus von Anfang an. Reflexionen anlässlich der neuen Ausstellung "Der junge Hitler" im Haus der Geschichte in St. Pölten.

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Wahn, Fanatismus, Verschwörungstheorien, sonderbare Mythen und Selbstüberschätzung prägten den National­sozialismus von Anfang an. Reflexionen anlässlich der neuen Ausstellung "Der junge Hitler" im Haus der Geschichte in St. Pölten.

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Krankhafter Wahn und Fanatismus, dieses tödliche Gemisch hat den Attentäter von Hanau zu seiner schrecklichen Tat getrieben. Er erschießt neun Menschen aus rassistischen Gründen, seine Mutter und sich selbst. Der 43-jährige Deutsche hatte seine Motive zuvor im Netz ausführlich beschrieben. Er fühlte sich einer höher gestellten Rasse zugehörig, litt an Verfolgungswahn; sprach von einer „Grob-Säuberung“, von der Vernichtung von Völkern in zehn verschiedenen Ländern und von einer Halbierung der Bevölkerungszahl in Deutschland. Es ist dort jetzt schon das dritte Attentat dieser Art. Warum ein Mensch, der solche Vorhaben im Netz ankündigt, von der Polizei nicht sofort festgenommen oder zumindest beobachtet wird, bleibt ein Rätsel. Die Ankündigung der deutschen Polizei, Shisha-Bars, Moscheen und Synagogen künftig besser zu bewachen, kommt reichlich spät. Und auch die Botschaft von Kanzlerin Merkel hilft nicht wirklich weiter: „Rassismus ist ein Gift, der Hass ist ein Gift. Und dieses Gift existiert in unserer Gesellschaft, und es ist schuld an viel zu vielen Verbrechen.“

Aus dem Halbdunkel

Vor 200 Jahren ließ Ferdinand Raimund in seinem Stück „Der Bauer als Millionär“ den Hass auftreten. Er bietet einen Brillantring an, dessen Besitzer in nur neun Tagen über so viel Menschenhass verfügt, dass er Tausende zugrunde richten kann. Der Attentäter von Hanau war offensichtlich ein Rechtsextremist mit dunklen Verschwörungstheorien, solche prägten auch den Nationalsozialismus, ebenso wie Mythenbildung und Selbstüberschätzung. Der His­toriker Joachim Fest erkannte, wie sorgfältig der junge Hitler jenes Halbdunkel inszenierte, in dem Legenden und Mythen verfälscht und banalisiert werden. „Die Leute dürfen nicht wissen, wer ich bin, woher ich komme und aus welcher Familie ich stamme“, lautete einer seiner Befehle. Hitler wollte seine eigene Biografie schreiben. In Bayreuth erinnerte sich Friedelind Wagner an den „Onkel Wolf“, wie er sich nennen ließ. Er setzte sich in ihrer Kindheit vor dem Einschlafen an ihr Bett und erzählte abenteuerliche Gruselgeschichten. Er kam mit Stiefeln und Reitpeitsche, seiner einzigen Waffe, wie er ihr immer wieder beteuerte, bis sie seinen Revolver entdeckte. Der Mann, der den Helden spielte, hatte – wie sie mir als jungem TV-Reporter erzählte – panische Angst vor Menschen und dem Leben im Allgemeinen. Im Besonderen damals vor Frauen, sofern sie ihn nicht anhimmelten und unterstützten – wie Friedelinds Mutter Wini­fred Wagner, die ihm und seinem Grauen erregenden Gedankengut bis zu ihrem Tod 1980 die Treue hielt undes tunlichst vermied, einem Menschen mit jüdischen Vorfahren die Hand zu geben, wie etwa meinem Taufpaten Heinrich Reif-Gintl, dem damaligen Direktor der Wiener Staatsoper.

Maßlose Selbstüberschätzung

Das übersteigerte Selbstbewusstsein der Nazis kommt ohne Verschwörungsängste und Mythenbildung nicht aus. Hitler fühlte sich als Wiedergeburt des römischen Tribunen und Wagner-Helden „Rienzi“; SS-Reichsführer Himmler hielt sich für die Reinkarnation des mittelalterlichen Königs Heinrich des Löwen und blickte von seinem Arbeitszimmer in der von den Nazis beschlagnahmten Villa Trapp in Salzburg auf den sagenumwobenen Untersberg, auf dessen Gipfel Hitler begraben werden wollte.
Ein krasses Beispiel für die grenzenlose Selbstüberschätzung war Hitlers Plan, eine Oper zu komponieren. Die Idee kam ihm dazu auf dem Stehplatz der Hofoper, den er nicht zuletzt deshalb so liebte, weil er von Frauen nicht besucht werden durfte.

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