Tom Sawyers Geschäftsmodell

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Der Online-Kurznachrichtendienst Twitter soll inzwischen zehn Milliarden Dollar wert sein. Die astronomische Summe wäre, so hat die Financial Times Deutschland ausgerechnet, das 222-fache des Umsatzes. Noch im Dezember wurde das Unternehmen von Investoren mit 3,7 Milliarden bewertet. Noch kometenhafter ist der Aufstieg von Facebook, während andere soziale Netzwerke wie StudiVZ oder MySpace bereits dramatisch an Wert eingebüßt haben.

Die Schätzwerte für Twitter und Facebook deuten neuerlich auf Blasenbildung hin - auf Fantasiepreise, die nicht mehr durch reales Wirtschaften gedeckt sind. Auch die "nur“ 315 Millionen Dollar, die der schwächelnde einstige Internet-Gigant AOL soeben für die Huffington Post bezahlt hat, ist solch ein Fantasiepreis - selbst wenn sich AOL damit die erfolgreichste Online-Zeitung einverleibt. Erst 2005 ist sie ins Netz gegangen. Das Bemerkenswerte ist ihr "Geschäftsmodell“. Im Kern beruht es darauf, andere für sich arbeiten zu lassen, ohne sie dafür zu bezahlen - so wie dereinst Tom Sawyer, der von seiner Tante dazu verdonnert worden war, ihren Zaun zu streichen. Der smarte Tom spannte seine Freunde für sich ein. Er erzählte ihnen, wie viel Spaß das Pinseln mache - und ließ sie’s dann ausprobieren …

Heute sind Hunderte Blogger gratis für die Website der geschäftstüchtigen Ariana Huffington im Einsatz, darunter viele ihrer prominenten Freunde. Was sie nicht an Inhalten beisteuern, "erzeugt“ ein kleines Redaktionsteam, dessen Arbeit großteils darin besteht, die Plattform HuffPo mit dem Content anderer Websites zu verlinken.

Trittbrettfahren nennen das Ökonomen. Leonard Downie jr., der frühere Chefredakteur der Washington Post spricht gar von parasitärem Verhalten. Dass man damit reich werden kann, ist allerdings keine Errungenschaft des Web - es soll auch in den vor-virtuellen Zeiten schon dem ein oder anderen Glücksritter gelungen sein.

* Der Autor ist Medienwissenschafter an der Universität Lugano/CH

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