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Die Salzburger Osterfestspiele zeigen eine sehr zwiespältige Wagner-Oper. von Helmut Christian Mayer

Auf drei rote Plüschstühle bettet der unfreie Gott seine Lieblingswalküre, nachdem er mit seinem berührenden, von Richard Wagner genial komponierten Gesang von ihr Abschied genommen und sie in den Schlaf versenkt hat: Ein musikalisch an sich ungemein inniger Schlüsselmoment der "Walküre".

Dass er bei den diesjährigen Osterfestspielen in Salzburg nur bedingt ein solcher wird, dafür sorgen die Berliner Philharmoniker unter Simon Rattle. 40 Jahre nach Herbert von Karajan, dem Gründer dieses Festivals, glücken dem britischen Sir mit seinem energiegeladenen Dirigierstil am "Ersten Tag des Bühnenfestspiels" im Großen Festspielhaus zwar zarte Lyrismen und packende Dramatik, aber es passieren auch viele zu laute Momente, die neben den eigenwilligen, breiten Tempi und extremen, auf Effekt bedachten, ungewöhnlichen Akzenten nicht unbedingt sängerfreundlich wirken.

Extreme Effekte

Dabei verfügt man mit Eva-Maria Westbroek über eine grandiose Sieglinde, die ihrem fülligen, prächtig strahlenden Sopran auch viele innige Töne entspringen lässt. Wenn auch noch immer nicht optimal, aber besser und kräftiger als man sie in Wien an der Staatsoper letzten Dezember als Brünnhilde hörte, singt diesmal Eva Johansson die Titelpartie. Willard White ist ein präsenter Wotan mit schöngefärbtem Timbre, aber etwas eingeschränkter Höhe. Solide singt Lilli Paasikivi die Fricka. Mikhail Petrenko ist ein prägnanter, schwarzer Hunding mit großer Durchschlagskraft. Letztere fehlt Robert Gambill als Siegmund leider völlig: Dadurch und wegen seiner Höhenprobleme forciert er fast ständig. Zudem neigt er dazu, Töne immer wieder anzuschleifen.

Fehlt sie bei der musikalischen Realisierung der Tetralogie nur teilweise, so ist sie in der Inszenierung von Stéphane Braunschweig völlig verschwunden: die Poesie. Als klare Fortsetzung des "Rheingolds" von den letztjährigen Osterfestspielen bleibt der französische Regisseur und Bühnenbildner auch heuer seiner bisherigen unterkühlten und distanzierten Konzeption treu: Ein trister, grauer Einheitsraum ist zu sehen, der bis auf ein paar Stühle und einen Tisch spartanisch leer bleibt. Aufgemotzt wird die Szene nur durch das nicht besonders effektvoll eingesetzte Licht und einige Videoprojektionen, wie Wolken, schneebedeckte Berge und dem armseligen finalen Feuerzauber.

Ohne Phantasie und Poesie

Braunschweig inszeniert diesen Teil des "Ring des Nibelungen", der als Koproduktion mit dem Festival von Aix-en Provence schon dort gezeigt wurde, als Kammerspiel in eleganten Kostümen (Thibault Vancraenenbroeck). Die Personenführung bleibt zwar verständlich, ist aber sehr minimalistisch und phantasiearm: Außer dass er den obersten germanischen Gott, wenn er seine Widersprüche und Zwänge analysiert, mit Zinnsoldaten spielen, die homogen singenden Walküren mit Puppen von toten Soldaten auftreten lässt und einigen Blicken und Gesten passiert nicht viel. Einzig die aufkeimende Liebe des Wälsungenpaars wird glaubhaft gezeigt.

Der wahrlich nicht festspielwürdige Abend wurde vom Publikum sehr zwiespältig mit vielen Buhs für die Regie aufgenommen.

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