Trotz Vernebelungsanlagen - Atomkraftwerk bleibt Terrorziel

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Zukunftsforscher Robert Jungk hat schon vor 30 Jahren davor gewarnt, dass der Atomstaat in den Überwachungsstaat führt, es aber trotzdem keine Sicherheit geben kann.

"Mit der technischen Nutzbarmachung der Kernspaltung wurde der Sprung in eine ganz neue Dimension der Gewalt gewagt. Zuerst richtet sie sich nur gegen militärische Gegner. Heute gefährdet sie die eigenen Bürger. Denn, Atome für den Frieden' unterscheiden sich prinzipiell nicht von, Atomen für den Krieg'", schreibt der Zukunftsforscher Robert Jungk in seinem ein Jahr vor der Zwentendorf-Volksabstimmung erschienenen und in der AKW-Diskussion Furore machenden Buch "Der Atomstaat". Jungk hat dieses Buch in "Angst um den drohenden Verlust von Freiheit und Menschlichkeit" geschrieben und "im Zorn gegen jene, die bereit sind, die höchsten Güter für Gewinn und Konsum aufzugeben".

Jungk sieht voraus, dass mit dem Atomstaat der Überwachungsstaat einhergeht: Die riesige Gefahr, die von der Atomkraft ausgeht, verlangt nach riesiger Kontrolle. Letztlich wird aber jede Sicherheitsmaßnahme scheitern, muss zwangsläufig scheitern. Denn "diese Erfindung der Menschen muss ja zudem so streng wie keine andere vor den Menschen selbst bewahrt werden: vor ihren Irrtümern, ihren Schwächen, ihrem Ärger, ihrer List, ihrer Machtgier, ihrem Hass."

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte vielleicht den gleichen Gedanken im Kopf, als er vor kurzem seine Sorge über den weiteren Ausbau der Atomenergie in einigen Ländern äußerte: "Ein Atomkraftwerk ist kein Kühlschrank", sagte Steinmeier. Der Betrieb erfordere Sicherheitstechnologie, verlässliche Aufsichtsstrukturen und politische Stabilität. Brisant sei, laut Steinmeier, auch die Endlagerproblematik, weil spaltbares Material in die Hände von Kriminellen und Terroristen gelangen könnte.

Die Angst davor führt in Frankreich mittlerweile zu der abstrusen Ausformung, dass Atomgegner kriminalisiert und ihre Presseaussendungen verboten werden, wenn sie darin Weg- und Zeitangaben zu Atommüll-Transporten machen.

In Frankreich hat vor zwei Jahren auch ein Mirage-Kampfflugzeug einen Ultraleichtflieger über dem Atomkraftwerk Flamanville in der Normandie abgefangen - aus der, wie sich später herausstellte, unbegründeten Angst heraus, der Pilot plane einen Anschlag.

Aus Schweden, Australien, Südafrika, Indien und den USA wurden in den letzten drei Jahren Terroranschläge auf AKWs gemeldet - alle konnten vereitelt werden, bislang. Damit die AKW-Sicherheit erhöht werden kann, werden deutsche Atomkraftwerke mit Vernebelungsanlagen ausgerüstet, um besser gegen Terrorangriffe aus der Luft geschützt zu sein. Kritiker sehen darin jedoch mehr eine Vernebelungstaktik gegenüber der besorgten Bevölkerung. (wm)

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