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Fassbinders"Die Ehe der Maria Braun" auf der Bühne des Wiener Volkstheaters.

Das Drehbuch eines Filmklassikers bietet als Vorlage für eine Theateraufführung drei unschätzbare Vorteile: Man bekommt meist eine Ur-oder Erstaufführung, dazu eine verständliche Geschichte, dramatische Zuspitzung, taugliche Dialoge - und entgeht zugleich dem Vorwurf, die Entwicklung der Literatur-und Theatergeschichte zu ignorieren oder rückgängig machen zu wollen. Schließlich kann niemand behaupten, Rainer Werner Fassbinder sei verschnarcht oder reaktionär, weil er in "Die Ehe der Maria Braun" die Geschichte einer Frau im Deutschland der Nachkriegszeit vorpostmodern und prädekonstruktivistisch erzählt.

Die wunderbare Maria Bill ist die Maria Braun des Wiener Volkstheaters, wo der Fassbinder-Stoff jetzt in Szene gesetzt wurde. Sie ist die Trümmerfrau, die in Bombenruinen sich und ihre Mutter (Hilde Sochor) am Überleben hält, indem sie im Rotlichtmilieu arbeitet und sich den schwarzen Besatzungssoldaten Bill (Michael Klammer) angelt. Sie ist die von der Idee des sozialen Aufstiegs Besessene, die an der Seite ihres Chefs und Liebhabers (Gerd Rigauer) groß Karriere in einem Textilunternehmen macht. Und das alles, während ihr geliebter Ehemann (Paul Matíc) zuerst in Kriegsgefangenschaft und dann im Gefängnis schmort. Doch soviel weibliche Selbstbestimmung kann nicht gut gehen, vor allem nicht in den fünfziger Jahren: Ohne dass Maria es bemerkt, wird sie zur Schachfigur in einem abgekarteten Spiel. Just in dem Moment, als elf deutsche Männer ihr Land zum Fußballweltmeister kicken, endet der Kalte Krieg der Geschlechter metaphorisch im atomaren Blitz. Die alten Geschlechterverhältnisse sind zwar wieder hergestellt, aber um den Preis der totalen Vernichtung.

Realistisch, konventionell im besten Sinne, setzt Regisseur Antoine Uitdehaag die Vorlage um. Bühne und Kostüme (Tom Schenk beziehungsweise Erika Landertinger) entsprechen den Jahren 1945 bis 1954. Bis zur Pause ist die filmische Montage in den schnellen, mittels Drehbühne realisierten Szenewechseln noch spürbar, was freilich kein Mangel ist. Im zweiten Teil geht es dann im Nierentisch-Ambiente der Fünfziger Jahre etwas statischer zu. Das ist so falsch nicht, denn die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Karriere lastet damals wie heute auf vielen Frauen.

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