Umjubelte Opernpremiere in Erl

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Die Tiroler Festspiele Erl beginnen, seit Hans Peter Haselsteiner die Präsidentschaft und damit die jährliche Eröffnungsrede übernahm, mit seinem Europa-Aufruf und der Mahnung, sich wieder auf die EU-Grundidee eines friedlichen Miteinander zu besinnen. Es bleibt nicht bei Worten. Als vor zwei Jahren Putin die Krim besetzen ließ "und damit sein Land der internationalen Ächtung preisgab", wurde für die Festspiele 2016 ein Russland-Schwerpunkt geplant "als Antwort auf dieses Desaster und auch als Zeichen, das von einem Kulturbetrieb ausgehen kann, um gegen das Versagen der Politik zu protestieren." Als Bestätigung auch der Bedeutung des russischen Kulturbeitrags für das europäische Kulturleben. Nun, nach dem Brexit, kündigte Haselsteiner "um konsequent zu sein" - für 2018 einen England-Schwerpunkt an.

Russisches findet sich im Konzertprogramm. Die Opernpremiere galt Gioacchino Rossinis "Guglielmo Tell" mit Gustav Kuhn am Pult seines Orchesters im Festspielhaus, wo er nun auch hierzulande seine Kompetenz als Belcanto-Spezialist erweist. Es ist faszinierend, wie er Emotion aus Rhythmus und Dynamik entstehen lässt, Melodie als poetisches Element gewinnt, dramatische Bögen weiter als über einzelne Szenen spannt und einfach hinreißende Tempi hat. Nichts ist oberflächlich, nichts banal (schlicht nur die Ballettmusik), auch großflächige Effekte wachsen aus der Struktur. Die herausragenden Musiker seines Festspielorchesters geben wie immer alles.

Hervorragende Besetzung

Kuhn überspielt nicht den Einfluss von Rossinis "Tell" auf die folgende Komponistengeneration: Wie die Verschwörer-Szenen im Rütlischwur wurzeln, Arnolds große Arie Verdis Stretta birgt, das Solocello in Tells Arie zu Rigoletto führt und die Naturszenen zu Wagner führen. Im Finale verblüfft Kuhn mit einem rascheren Tempo als üblich und beruft sich auf die originale Metronomzahl der historisch-kritischen Ausgabe. So wird aus weihevollem Dankgesang Befreiungsfreude.

Die Besetzung ist hervorragend mit der noblen Mathilde der Anna Princeva, mit Ferdinand von Bothmer, der den gefürchteten Arnold höhensicher und emotional bewältigt, Giulio Boschettis leidenschaftlichem und wohltönenden Tell, Anna Lucia Nardis weicher Hedwig und Bianca Tognocchi aufglühendem Gemmy. Zunächst tapfer, später überflüssig das Ballett. Alfredo Troisi schuf ein von überlebensgroßen Baumfiguren und abstrakten Landschaften beherrschtes Bühnenbild, in dem Kuhn die Geschichte mätzchenfrei in Bildern und Auseinandersetzungen erzählt. Stürmischer Premierenerfolg.

Gugliemo Tell

Festspielhaus Erl, 22. Juli

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