Umzugsstress als Gefühlschaos

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"Alles steht Kopf": Im neuen Pixae-Animationsfilm schlägt sich eine 11-Jährige mit den Unwirtlichkeiten ihres Alltags herum.

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"Alles steht Kopf": Im neuen Pixae-Animationsfilm schlägt sich eine 11-Jährige mit den Unwirtlichkeiten ihres Alltags herum.

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Der Umzug in eine Großstadt löst bei der 11-jährigen Riley eine ähnliche emotionale Krise aus wie der Zusammenschluss der Animationsstudios von Walt Disney und Pixar bei Trickfilmfans im Jahr 2006. Damals hat Disney die "Toy Story"-Schmiede in einem Aufsehen erregenden Deal seinem Imperium einverleibt. Aufgrund unterschiedlicher Unternehmensphilosophien gestaltete sich der Paarlauf zunächst recht holprig. Pixar schöpfte sein kreatives Potenzial dank modernster Animationstechnik erfolgreich aus, während Disney lange Zeit auf klassisches Zeichentrick-Handwerk und Märchenverfilmungen setzte. Mittlerweile sind die einstigen Stiefkinder zu einem effizienten Geschwisterpaar zusammengewachsen, wie "Alles steht Kopf" beweist.

Das Gehirn als kreative Spielwiese

Unter der Regie von "Die Monster AG"-Mastermind Pete Docter pixelt die "Oben"-Crew eine originelle Geschichte auf die Leinwand, die mit schrägen Figuren und überzeugender 3D-Optik punktet. Ort der Handlung ist die Emotionszentrale im Gehirn der kleinen Riley, die mit ihrer Familie vom ländlichen Minnesota nach San Francisco zieht. Eine Veränderung, die für die Schülerin zur Tour de Force wird: Ihre Eltern sind mit eigenen Problemen beschäftigt, das neue Zuhause entspricht nicht den Erwartungen und Freunde sind Mangelware. Nur die Erinnerungen an ihre glückliche Kindheit lassen sie optimistisch in die Zukunft blicken. Als durch ein Missgeschick zwei Emotionen mit diesen Kernerinnerungen in den Weiten ihres Gedächtnisses verschwinden, löst das bei Riley ein Gefühlschaos aus. Während für Freude und Kummer eine Irrfahrt durch unbekannte Hirnregionen beginnt, sind die im Headquarter verbliebenen Emotionen Angst, Ekel und Wut mit dem Verschwinden ihrer Antagonisten völlig überfordert. Finden Freude und Kummer wieder zurück in die neuronale Schaltzentrale, bevor Rileys Psyche Schaden nimmt?

Die größte Stärke von "Alles steht Kopf" liegt in den unbegrenzten Möglichkeiten, die das menschliche Gehirn als kreative Spielwiese bietet. Knallbunte Themen-Inseln, die optisch an Vergnügungsparks erinnern und von Kernerinnerungen angetrieben werden, visualisieren Rileys Persönlichkeitsstruktur, bezaubernde Fantasiefiguren verkörpern ihr emotionales Spektrum: die feenhafte Freude, die Riley immer nur glücklich sehen möchte; der pullundertragende Angst, der sich ständig um ihre Sicherheit sorgt; der rote Hitzkopf Wut, dem rasch der Kragen platzt; die brokkoligrüne Ekel, für die Widerwillen und Überdruss Lebensinhalt sind und die pummelige Kummer, die als personifizierte Depression durch Rileys Seelenlandschaft stapft.

"Sämtliche Emotionen haben ihre guten und schlechten Seiten. Gefühle wie Wut und Angst, die wir normalerweise als negativ betrachten, haben positive Seiten, und genauso hat Freude potenziell negative Folgen", meint Docter. Er und seine Animatoren setzen das Gefühlsleben einer 11-Jährigen nicht als Wohlfühl-Ponyhof, sondern als komplexen Mikrokosmos in Szene, in dem nichts unmöglich aber alles vorstellbar ist.

Alles steht Kopf (Inside Out)

USA 2015. Regie: Pete Docter. Disney. 95 Min.

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