Unabsehbare Herausforderungen

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Ob es moralisch sei, den nachfolgenden Generation Schulden zu vererben, fragt Walter Homolka. Unter zwei Voraussetzungen scheint es mir gerechtfertigt: dass wir das geliehene Geld nicht für den Konsum, sondern für zukunftswirksame Investitionen ausgeben, also für etwas, von dem auch unsere Kinder etwas haben werden, und dass der Gesamtschuldenstand nicht die Stabilität der Währung gefährdet. Letzteres scheint leider zu drohen.

Homolkas Frage reicht aber weiter. Was heißt Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen in Zeiten, in denen die Zukunft nicht nur, wie immer schon, ungewiss ist, sondern wegen der Unüberschaubarkeit unserer Handlungszusammenhänge und der Tiefe unserer Eingriffsmöglichkeiten uns mit völlig ungeahnten und daher unbeabsichtigten Handlungsfolgen konfrontiert? Und wir generell weder ursprungsbegründete noch zukunftsgewisse Sicherheit finden? Wie weit reicht da überhaupt das Konzept "Verantwortung“ ?

Wir sind nicht die souveränen Herren der Zukunft und unsere Intentionen, selbst die guten, sind schwach gegenüber der Wirklichkeit. Moralisch mag der gute Wille genügen, faktisch hilft es heute wenig, das Beste zu wollen für die nachfolgenden Generationen. Ob das jenseits wohlfeiler Deklarationen wirklich der Fall ist, auch das ist ungewiss. Die Geschichte stimmt pessimistisch; Menschen haben immer jene, die sich nicht wehren konnten, für sich zahlen lassen. Natürlich muss man das Schlimmste verhindern, Handlungsspielräume für die nachfolgenden Generationen offen halten, muss man vor allem bestehen können vor dem eigenen Gewissen. Aber es spricht viel, dass wir unsere Kinder vor allem darauf vorbereiten müssen, mit unabsehbaren Herausforderungen konfrontiert zu werden.

* Der Autor ist kath. Pastoraltheologe an der Universität Graz

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