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Edelbert Köb, scheidender Direktor des MUMOK, über seinen Abgang, seine Kritik an der Museumspolitik, die drohende Provinzialisierung und seine Pläne für die Zukunft.

Mit Ende September übergibt Edelbert Köb, seit 2002 Direktor des Museums Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, kurz MUMOK, sein Amt an Karola Kraus. Im Gespräch mit der FURCHE zieht er Bilanz.

DIE FURCHE: Herr Direktor Köb, Sie geben Ende September die Geschäfte an Ihre Nachfolgerin Karola Kraus weiter # mit welchen Gefühlen?

Edelbert Köb: Ich empfinde Erleichterung. Nachdem ich jahrelang Verantwortung # oft in mehrfacher Funktion # innehatte, freue ich mich auf eine entspanntere Lebensphase.

DIE FURCHE: Sind Sie mit der Entwicklung des MUMOKs in den letzten Jahren zufrieden?

Köb: Ja, ich glaube, dass wir uns gerade international eine beachtliche Reputation erarbeitet haben, durch unsere thematischen Sammlungspräsentationen, durch Ausstellungen in unserem Medienschwerpunkt, vor allem aber im Spitzensegment von selbst erarbeiteten monographischen Präsentationen wie etwa der von John Baldessari und Cy Twombly. Zur Baldessari-Schau sind Leute extra aus Amerika angereist. Dass Claes Oldenburg mit uns jetzt eine Ausstellung macht, die in der Folge vom Guggenheim Bilbao, vom MOMA und dem Walker Art Center übernommen wird, ist eine Folge dieser Aufbauarbeit.

DIE FURCHE: Die Politik scheint dies anders zu sehen. Ihr Vertrag ist im Unterschied zu dem von MAK-Direktor Peter Noever von Ministerin Schmied nicht nochmals verlängert worden. Tut Ihnen das nicht leid?

Köb: Ich wäre gerne noch eine Weile Direktor geblieben, wenn es für das, was ich mir für das MUMOK vorgenommen hatte, mittelfristige Perspektiven gegeben hätte # die es jetzt aber nicht gibt. Aber ich war wohl ein zu starker Kritiker der hiesigen Museumspolitik. Irgendwann schlägt das Imperium zurück!

DIE FURCHE: Ihre Nachfolgerin hat gleich nach ihrer Bestellung betont, dass sie mit den bestehenden Räumlichkeiten auskommen werde. Ist Ihnen Ihre ständige Forderung nach baulicher Erweiterung des MUMOK letztlich zum Stolperstein geworden?

Köb: Mein Bestehen auf einer Museumserweiterung war sicher nicht sehr diplomatisch, trotzdem unbedingt notwendig, aber leider nicht erfolgreich. Niemand wollte hören, dass der neue MUMOK-Direktor den gerade erst fertig gewordenen Bau gleich als kulturpolitische Fehlleistung bezeichnet, in dem die Aufgaben des Museums nicht erfüllt werden können. Mittlerweile hat die Ministerin zumindest mein erstes Konzept eines Museums der modernen und gegenwärtigen Kunst im MuseumsQuartier aufgegriffen und als museumspolitisches Ziel definiert. Vorausgesetzt die Kunsthalle findet einen neuen Standort.

DIE FURCHE: Sie haben die angebliche Planlosigkeit der österreichischen Museumspolitik mehrmals kritisiert #

Köb: Im Interesse unserer Sammlung und der Steuerzahler müsste es einen nachhaltigen Museumsentwicklungsplan für alle Bundesmuseen mit klaren Rahmenbedingungen für die einzelnen Häuser geben. Nur daraus ließen sich dann qualitative und quantitative Maßnahmen bzw. Schwerpunktsetzungen ableiten. Vorläufig bestimmt aber allein die von Partikularinteressen gesteuerte Eigendynamik der Institutionen die Entwicklung.

DIE FURCHE: Verstehen Sie unter einem Museumsentwicklungsplan die Zusammenführung aller ähnlichen Bestände?

Köb: So einfach ist das nicht. Geschichte, Tradition und auch Status Quo unserer Museen müssen bei einer Neuordnung berücksichtigt werden. Da gibt es durchaus unterschiedliche, trotzdem in sich schlüssige Lösungsansätze. Ich kritisiere nur, dass es gar keinen Plan gibt # vor allem im Bereich der zeitgenössischen und gegenwärtigen Kunst, in dem vier Bundesmuseen agieren.

DIE FURCHE: Sie haben auch immer über das mangelnde Ankaufsbudget geklagt.

Köb: Es wird viel zu wenig Wert auf Sammlungsentwicklung gelegt. Es gibt ja gar keine definierten Ankaufsbudgets, sondern nur Globalbudgets, also keine explizite Sammlungsverpflichtung. Im derzeitigen Aufmerksamkeitswettbewerb fließen deshalb die knappen Mittel naturgemäß in das Ausstellungswesen. Wenn die Bundesmuseen weiterhin nicht auf international vergleichbarem Niveau sammeln, werden in dreißig Jahren die Bundesmuseen zu Provinzmuseen verkommen sein.

DIE FURCHE: Die Art und Weise, wie Ihre Nachfolgerin bestellt wurde # nämlich ohne Findungskommission # ist in der Kunstszene auf viel Unverständnis gestoßen. War das ein Fehler?

Köb: Ich bin damals, genauso wie jetzt meine Nachfolgerin, nicht auf der Grundlage eines elaborierten Konzeptes bestellt worden, aber es gab zumindest noch eine Findungskommission. Es sollte auch hierzulande bei der Besetzung größerer Häuser ein professionelles Verfahren geben, wie es in mitteleuropäischen Ländern Usus ist # mit öffentlich gemachten Experten und nicht mit geheimen Einflüsterern.

DIE FURCHE: Sind Sie mit der Wahl Ihrer Nachfolgerin denn nicht einverstanden?

Köb: Natürlich, aber darum geht es hier nicht. Ich habe gar nicht gewusst, dass sie sich beworben hat und hatte andere qualifizierte Personen ins Spiel gebracht.

DIE FURCHE: Sie haben inhaltlich Schwerpunkte gesetzt # etwa den Ausbau der Wiener Aktionismussammlung und -forschung. Es ist anzunehmen, dass Karola Kraus andere Akzentuierungen vornehmen wird.

Köb: Das glaube ich nicht. Wäre es doch unvernünftig, wenn der Aktionismusschwerpunkt, der eine gemeinsam mit den Kuratoren des Hauses getroffene Entscheidung war, nicht weiterverfolgt werden würde, denn da wurde viel Geld und Zeit investiert. Ein Museum ist ja keine Privatangelegenheit, wo die persönlichen Vorlieben des Direktors allein die Ausrichtung bestimmen. Wenn es einen nachhaltigen Museumsplan gäbe, könnten gewisse Schwerpunktsetzungen nicht einfach alle fünf Jahre von einem Subjekt geändert werden. Obwohl mir persönlich auch Minimal oder Concept Art näher sind, habe ich den Wiener Aktionismus forciert, weil ich ihn für den wichtigsten österreichischen Beitrag zur Kunst nach #45 halte.

DIE FURCHE: Aber es wurden doch die letzten Jahre Museumspläne im Rahmen des #Museumsreformprozesses# entwickelt.

Köb: Das war eine mutige Initiative der Ministerin # und auch die Papiere und Lösungsvorschläge waren erstklassig. Man hätte sie nur umsetzen müssen. Passiert ist aber letztlich nichts. Man hat den ganzen Prozess still und leise absterben lassen.

DIE FURCHE: Eine neue Museumsordnung gab es schon.

Köb: Ja, darin gibt es kleine Verbesserungen. So sind die Sammlungsaufgaben ein bisschen genauer definiert und Schenkungen wie Dauerleihgaben sind genehmigungspflichtig geworden. Das finde ich sehr wichtig, damit Sammlungen nicht beliebige Entwicklungen nehmen können. Allerdings sind die neuen Rahmenzielvereinbarungen, die jetzt als kulturpolitisches Lenkungsinstrument dienen sollen, zur Farce geraten. Denn die drei wichtigsten Bereiche eines Museums # das Sammeln, die Präsentation der Sammlung und Sonderausstellungen # kommen darin nicht vor.

DIE FURCHE: Das muss Sie alles jetzt ja nicht mehr tiefer beschäftigen. Werden Sie auch nach dem 30. September in der Museumsszene aktiv sein und wie Ex-Staatsoperndirektor Holender nach neuen Aufgaben in der Öffentlichkeit suchen?

Köb: Ich habe bereits einige kuratorische Projekte, die Öffentlichkeit nicht ganz vermeiden lassen. Am meisten freue ich mich aber auf die Stille unserer schönen Wiener Bibliotheken bzw. auf Studien, die ich bis jetzt hintanstellen musste.

* Das Gespräch führte Johanna Schwanberg

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