Und alle miteinander dirigieren dann den Königsmarsch

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Sergej Prokofjews „Liebe zu den drei Orangen“ in einer rundum geglückten Produktion an der Volkoper. Das Orchester zeigt sich hörbar mit den von Dirigent Alfred Eschwé angeschlagenen Tempi und verlangten Nuancen zufrieden. Die Darsteller brillierten allesamt, auch wenn für die Rolle des Leander zweimal Ersatz gefunden werden musste.

Im Jahr 2002 hatte diese Produktion von Sergej Prokofjews Auseinandersetzung mit der Commedia dell’arte an der Hamburgischen Staatsoper Premiere. Dirigiert hat sie Alfred Eschwé. Nicht zuletzt seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass diese gedankenvoll-märchenhafte Inszenierung nun auch in Wien zu sehen ist.

Schließlich, wie sollte es auch anders sein, ist es die Liebe, die den schwer hypochondrischen Prinzen von seinem Leiden, nicht lachen zu können, erlöst. Am Beginn schaut es noch ziemlich aussichtslos aus. So lässt (der mittlerweile verstorbene) Regisseur Ernst-Theo Richter die Geschichte in einem von Karl-Ernst Herrmann erdachten Pathologie-Hörsaal spielen. Eine originelle wie eminent theaterpraktische Idee. Denn im Verlaufe des skurrilen Geschehens – dieser Prokofjew ist auch ein Stück Theater im Theater – finden die jeweils unterschiedlich kostümierten Choristen auf den Hörsaalrängen Platz, können das Geschehen nicht nur entsprechend kommentieren, sondern haben auch eine ideale Sicht zum Dirigenten.

Kein Wunder, dass es selbst in den drastischsten Turbulenzen dieses Vierakters mit Prolog mit der Präzision hervorragend klappt. Denn auch das Orchester zeigt sich hörbar mit den von Alfred Eschwé angeschlagenen Tempi und verlangten Nuancen dieser rhythmisch intrikaten Musik zufrieden. Sie strotzt nur so von bitonalen Effekten, Sept- und Nonakkorden, Ganztonleitern und ebenso wirkungssicher eingesetzten Vokalisen. Und hat auch ihren besonderen Ohrwurm: die Musik zum Königsmarsch. Weil dessen Musik so zündend ist, dass man ihn geradezu selbst dirigieren möchte, lässt der Regisseur, der damit die spezifische Ironie des Stücks unterstreicht, gleich den gesamten Chor mit Dirigentenstäben auftreten und mitdirigieren.

Ensemble selbst in kleinsten Rollen stimmig

Dass diese Premiere ein solcher Erfolg werden würde, war nicht ohne Weiteres vorauszusehen. Der ursprüngliche Darsteller des Leander sagte kurzfristig ab, der Ersatz konnte wegen der Flugkalamitäten nicht anreisen. Mit dem in dieser Rolle schon in Graz erfahrenen, wortdeutlichen Wilfried Zelinka, der offensichtlich eine im Detail andere deutsche Fassung einstudiert hatte, ließ sich doch noch ein idealer Gestalter finden. Und die Darstellerin der schließlich zur Gattin des Prinzen aufgestiegenen Ninetta, Anja-Nina Bahrmann, vermochte die anfangs von Direktor Meyer pointiert angesagten Stimmprobleme dann so virtuos zu meistern, dass man auf das vorgesehene Cover verzichten konnte.

Manfred Hemm, als Zar kostümiert, gab den König Treff, Mehrzad Montazeri ebenso makellos den Prinzen, Alexandra Kloose selbstbewusst die karrieresüchtige Prinzessin Clarisse. Christian Drescher und Daniel Schmutzhard überzeugten als Truffaldino, Pantalone, Herold und Zeremonienmeister. Lars Woldt als exotischer Zauberer Tschelio, Irmgard Vilsmaier und Eva Maria Riedl als Fata Morgana und ihre böse Mitstreiterin Smeraldina und die köstliche Köchin von Dirk Aleschus komplettierten das selbst in der kleinsten Rolle stimmige Ensemble.

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