Underdog mit Stars & Stripes

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Sollte das Sujet des Werbeplakats und des Abendprogramms - ein Flugkapitän, eingerahmt von drei Stewardessen und im Hintergrund ein Flugzeug - schon von vornherein nahelegen, dass man zur Aufführung dieses "Don Giovanni“ im Landestheater Salzburg eigentlich in einen Transatlantik-Flug steigen muss, um den Kontinentwechsel Europa-Amerika mitzuvollziehen?

Man wird wohl daran festhalten, dass die Geschichte des Don Giovanni, die Auseinandersetzung mit dem reichen Adel und der Perspektivlosigkeit der Bauern, europäisch geprägt ist. Die Salzburger Inszenierung von Jacopo Spirei verschiebt dies zu Gunsten einer Ästhetik des Hässlichen und Kleinlichen, sie ist dem Macho- und Pistolen-Heldentum der USA mehr verpflichtet als Europa.

Auf der Strecke bleibt Mozart, denn wenn auch ständig behauptet wird, seine Musik sei nicht beeinflussbar - sie wird mit einem solchen Experiment sehr wohl beeinträchtigt. Denn es macht einen Unterschied, ob ein reicher Gutsherr, der Don Giovanni ja ist, sich schlecht benimmt, oder ob er von Anfang an als Underdog ohne Manieren samt seinem Spießgesellen auf die Bühne kommt. Wie ein so heruntergekommener Typ Frauen jeglichen Standes und Alters ins Bett bekommt, eröffnet sich dem Zuschauer nicht. Schon gar nicht, wenn das Gastmahl, zu dem Don Giovanni den Komtur geladen hat, statt mit Fasan und Marzemino als Party mit herumfliegendem Popcorn und Rotwein aus der Flasche stattfindet. Der junge Römer Regisseur hat da wohl eher die Mailänder Minderjährigen-Partys seines Ministerpräsidenten vor Augen …

Abstimmungsschwierigkeiten

Musikalisch bleiben erfreulicherweise wenig Wünsche offen, Abstimmungsschwierigkeiten bei der Premiere zwischen dem Mozarteumorchester unter Leo Hussain und den Protagonisten waren unüberhörbar. Mozart wurde von Anfang an von Karolina Plicková und Hubert Wild als Zerlina und Masetto untadelig vertreten, nach der Pause kamen auch der Don Giovanni von Simon Schnorr und der Leporello von Marcell Bakonyi ihren Aufgaben souverän nach. Aus adeligem Haus stammen der Commendatore von Johannes Wiedecke und, nicht ganz überzeugend, Donna Anna von Anita Watson, assistiert von Don Ottavio, dem etwas blässlichen John Zuckerman. Der Donna Elivra verlieh Julianne Borg die gekränkte Verliebtheit.

Bühnenbild und Kostüme von Bettina Richter entsprachen dem Miss- oder Unverständnis des "Don Giovanni“: Häuschen samt Stars & Stripes im Vorgarten. Und wie hieß doch der Librettist dieser großen Oper Mozarts? Der Name Lorenzo da Ponte kommt in einem Nebensatz(!) in einem Programmbeitrag vor …

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