Unerschöpflich bis zum Liebesduett

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Er kam, sang und siegte. Und dies nicht nur beim Kampf gegen den Drachen und bei der Erweckung der Liebesgunst von Brünnhilde: Dieser "Siegfried" von Richard Wagner bei den diesjährigen Salzburger Osterfestspielen ist auch sonst ein wahrer Held!

Denn Lance Ryan sprang für den plötzlich erkrankten Ben Heppner erst bei der Generalprobe ein und zeigte bei dieser gefürchteten, mörderischen Partie bis zum Finale schier unerschöpfliche Kraftreserven und ein enormes Durchhaltevermögen. Und bis zum finalen Liebesduett mit der aus dem Schlaf erweckten Walküre sang der gebürtige Kanadier mit seinem hellen, metallischen Tenor, immer strahlend, mit unangestrengten Höhen und konnte auch darstellerisch als kraftvoll jugendlicher Titelheld überzeugen. Da verzeiht man ihm auch den einen oder anderen Artikulationsmangel. Dafür dürfte ihm endgültig sein internationaler Durchbruch gelungen sein.

Packende Klangdramaturgie

Ihm zur Seite stand eine Sängerriege von unterschiedlicher Qualität: Mit Burkhard Ulrich ein phänomenal nuancierter, extrem wortdeutlicher Mime, bei dem jede Phrase und Geste saß. Mit Stephen Milling ein stimmgewaltiger, ungemein bühnenpräsenter Fafner. Wenig göttliche Präsenz, dafür viel Farblosigkeit wies hingegen Willard White als abgesungener, müder und wenig kräftiger Wanderer auf. Katarina Dalayman war eine strahlende, leicht schneidende Brünnhilde. Der für Dale Duesing eingesprungene Hartmut Welker fiel als Alberich vor allem durch reiches Vibrato, aber auch Intensität auf. Anna Larsson war eine dunkel gefärbte Erda, Mojca Erdmann ein heller, zarter Waldvogel.

Dazu baute Simon Rattle mit den Berliner Philharmonikern eine packende Klangdramaturgie. Nur mit wenigen zu lauten Momenten, sonst immer sängerfreundlich glückten dem britischen Sir mit seinem energiegeladenen Dirigierstil im Großen Festspielhaus, exakt 40 Jahren nach Herbert von Karajans "Siegfried", dem Gründer dieses Festivals, größtmögliche Transparenz, herrliche Farbpaletten, aufblühende, geheimnisvolle, zarteste Lyrismen wie beim "Waldweben" und bei Brünnhildes Erwachen, aber auch zupackende, verdichtete Dramatik in den symphonischen Phasen. Wie nicht anders zu erwarten, ist Stéphane Braunschweigs Inszenierung eine klare Fortsetzung des "Rheingolds" und der "Walküre" der letztjährigen Osterfestspiele.

Unterkühlte Konzeption

Der französische Regisseur und Bühnenbildner blieb auch im "Zweiten Tag des Bühnenfestspiels", einer Koproduktion mit dem Festival von Aix-en-Provence, wo dieser Teil der Tetralogie schon gezeigt wurde, wiederum seiner bisherigen unterkühlten und distanzierten Konzeption treu. Aufgemotzt wurde die Szene nur durch einige, teils auch recht billige Gags, aber auch durch einen herumflatternden Waldvogel, durch das recht effektvoll eingesetzte Licht und einige Videoprojektionen, wie Feuer, stiebende Funken bei der Schmiedeszene und einer Riesenschlange. Der Kampf gegen den Drachen hingegen fand bei roten, zuckenden Blitzen hinter der Bühne statt.

Braunschweig blieb auch diesmal bei seiner meist minimalistischen, sparsamen, teils sogar statischen Personenführung immer klar am Text und an der Musik.

Großen Jubel gab es für die musikalische Realisierung, einzelne Buhs für die Inszenierung!

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