Ungefilterte Kriegserinnerungen erwerwwerwerwerwerwerwe

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Tagebücher erzählen von Siegen und Rückzügen, Gestapohaft und Gefangenschaft.

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Tagebücher erzählen von Siegen und Rückzügen, Gestapohaft und Gefangenschaft.

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Kann man heute noch Tagebücher schreiben über die Erlebnisse, die ein halbes Jahrhundert und mehr zurückliegen? Kann man sie, so sie schon bald nach Abschluß geschrieben worden sind, vielleicht um sich die nächtlichen Alpträume von der Seele zu schreiben, heute noch unbearbeitet veröffentlichen? Ohne die Distanz, die 50 Jahre nicht nur zeitlich zwischen damals und heute gelegt haben?

Zwei Bücher dieser Kategorie liegen vor, eines aus dem Rußlandfeldzug 1942-1944, aus dem zweiten, noch vorwärtsstürmenden Krieg im Osten bis zum gehetzten Rückzug; das andere aus den letzten Kriegswochen in den Fängen der Gestapo, in den Endgefechten in Berlin und in sowjetischen Gefangenenlagern. Tagebücher, die tageweise aufzählen, was die Autoren erlebt und empfunden haben. Sagt das der Nachwelt genug?

Ein Gymnasiallehrer aus Mainz schildert die Schrecken des Krieges, wie sie waren, Erlebnisse, die nichts von ihrer Scheußlichkeit verlieren, wenn man ihnen gegenübersteht. Wer sie selbst erlebt hat, kann sie nachempfinden; auch den bitteren Landserhumor, Galgenhumor, der mithalf, abzustumpfen und zu überleben. Aber die Enkel, die heute diese Erinnerungen in die Hand nehmen, so sie überhaupt daran interessiert sind, zu lesen, was die Großväter erlebt haben - kommen sie noch mit?

Der aktive Oberleutnant der Fliegerabwehr, der an die Verschwörer vom 20. Juli 1944 anstreift, drei Monate in der Einzelzelle der Gestapo in der Prinz Albrecht-Straße in Berlin zubringt, aber doch nicht so intensiv angestreift ist, daß er die Rache des Regimes voll zu spüren bekäme, überlebt und in den Ruinen Berlins zwischen Reichssportfeld und Stadtzentrum in die Gefangenschaft marschiert: auch er schildert tagebuchartig, manches ergänzend zu dem, was bereits berichtet wurde, anderes zur Bestätigung dessen, was der Leser selbst erlebt hat - wenn er derselben Generation angehört.

Es wäre schön, wenn die Jungen von heute mehr Verständnis für die Großväter aufbringen könnten - aber ist es von ihnen nicht zu viel verlangt, sich in militärische Begriffe, in den Landserjargon, in, aus der Distanz gesehen, eher belanglose Details hineinzudenken? Zwei namhafte Verlage haben ein Risiko gewagt - es sei ihnen ein guter Erfolg gewünscht!

JENSEITS DER STEPPE Tagebuch aus dem Rußlandfeldzug 1942 - 1944 Von Wilhelm Eichner, Universitas Verlag, München 1997, 361 Seiten, geb., öS 291, PRINZ ALBRECHT-STRASSE 8 Der authentische Bericht des letzten Überlebenden der Prinz Albrecht-Straße Von Bernhard Horstmann. Langen Müller, München 1997, 347 Seiten, geb., öS 291,

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