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Es war eine rundum gelungene Jahrestagung, und doch ist ihr Ergebnis eher deprimierend. Drei Tage lang begaben sich die deutschsprachigen Medienforscher in Dortmund auf Introspektion. Unter dem Rahmenthema "Theoretisch praktisch!?“ fragten sie danach, inwieweit ihr Fach praxisrelevant ist. Alle vorgestellten Studien zeigten: Die Medienforschung hat sich zwar rapide ausgeweitet, segelt aber weithin unterhalb des Radarschirms öffentlicher Wahrnehmung. Während sich Hunderte Wissenschafter an Debatten über den Atomausstieg oder zur Finanzkrise beteiligen, nimmt kaum ein Kommunikationsforscher auf den öffentlichen Diskurs Einfluss, wie das Mediensystem umzugestalten wäre - trotz Internet-Revolution, trotz Zusammenbruch journalistischer Infrastrukturen in den USA, trotz Strukturwandel öffentlicher Kommunikation durch Suchmaschinen und soziale Netzwerke.

Zwei Nachwuchsforscherinnen der Universität Wien, Cornelia Brantner und Brigitte Huber, haben in einer Studie gezeigt, dass nicht einmal Qualitätszeitungen wie der Standard, die Süddeutsche oder die Neue Zürcher Zeitung der Medienforschung kontinuierlich Aufmerksamkeit zollen. Beim österreichischen und deutschen Titel gibt es im Zehnjahres-Vergleich einen leichten Aufwärtstrend. Die NZZ musste dagegen ihre Berichterstattung über Medien(forschung) stark einschränken. - In Dortmund wurde auch jener fünf "Säulenheiligen“ gedacht, die in besseren Zeiten das Fach repräsentiert haben: des aus Wien emigrierten Paul Lazarsfeld, des Berliner Gründervaters der Zeitungswissenschaft, Emil Dovifat, der Grande Dame der Demoskopie, Elisabeth Noelle, des Kommunikationstheoretikers Jürgen Habermas und seines Antipoden Niklas Luhmann. So unterschiedlich sie gewirkt haben mögen - im Vergleich zur heutigen Forschergeneration eint sie, dass sie öffentlich wahrnehmbar waren.

Der Autor ist Medienwissenschafter an der Uni Lugano/CH

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