Unterricht für das Leben oder für die Schule?

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Die Forderung, nicht für die Schule, sondern das Leben zu lernen, erfährt zunehmend eine Ergänzung: die Schule soll "Leben" an und für sich lehren. Sexualaufklärung, Konsumentenschutz, Verkehrserziehung, Gesundheitsvorsorge, Berufsorientierung, Freizeitorganisation, Kommunikationstechnik, Konfliktmanagement - kurz alles, was man heute "soziale Kompetenz" nennt.

Hätten die Lehrer nicht das "fächerübergreifende Unterrichtsprinzip" behiehungsweise die "Querschnittsmaterie" als Strategie entdeckt, man brauchte gar nicht mehr über Lehrplanentrümpelung diskutieren, sondern könnte gleich austauschen: EDV statt Mathematik, Portugiesisch statt Deutsch, Multikulturelle Ethik statt Geographie und Religion ... und das alles neuro- und psychomental, soziokommunitativ, problembezogen, interaktiv und virtuell vermittelt - via SUPERlearning.

Ob die Schüler das alles SUPER finden, fragt keiner. Nicht super finden sie auf jeden Fall, daß jetzt die Highlights des Schulalltags in Frage gestellt werden, Schikurse, Landschulwochen, Projekttage, Sport-oder Sprachreisen ... "voll klasse Action" für die Schüler und Chance für Schule und Lehrer, viel "Außerlehrplanmäßiges" unterzubringen und tatsächlich soziales Lernen umzusetzen. So ganz nebenbei läuft das aber auch nicht, es erfordert neben gezielter Vor- und Nachbereitung viel Organisation und Koordination und persönliche Einsatz- und Verantwortungsbereitschaft, praktisch rund um die Uhr. Ein paar Stunden Punische Kriege, Differentialrechnung oder Caesar-Übersetzung schafft ein erfahrener Lehrer aus dem Handgelenk.

Ein paar Stunden Schifahren im Nebel, eine Platzwunde am Kopf oder ein Knöchelbruch, Sechzehnjährige aus der Disco und Zwölfjährige ins Bett bringen, verliebte Pärchen vorsichtig auseinanderhalten, verkrachte Freunde zusammenführen und um zwei Uhr früh Ausreißer aufsammeln - das ist mehr als Überstunden und immer mit unkalkulierbarem Risiko verbunden.

Wenn man das den Lehrern nicht ausreichend abgilt, lehren sie eben nur mehr für die Schule und nicht für das Leben.

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