Unverblümter Abgang des Langgedienten

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Im Abgang bewies er, dass er unverblümt sein kann. Auch wenn Egon Kapellari bislang eher als Stratege galt, der sich mit Rom wenn, dann hinter verschlossenen Türen anlegen würde. Dass die Besetzung des Grazer Bischofsstuhls eine Schlüssel-Personalie für Österreichs Kirchenzukunft ist, war schon lange klar. Aber vier Jahre, nachdem Kapellari in Rom um seinen Rücktritt eingekommen war, der von Benedikt XVI. "nunc pro tunc" angenommen wurde (eine Vorgangsweise, die auch ausgewiesene Vatikankenner kaum durchschauen), ist immer noch kein Nachfolger in Sicht. Ob dies nun auf einen Machtkampf hinter den Kulissen oder auf was auch immer hindeutet: Einmal mehr wird klar, dass das Thema Bischofsernennungen auch unter Franziskus eine Baustelle bleibt. Auffallend, dass Kapellari letzten Samstag seinen Rücktritt ankündigte, bevor dieser vom Papst am 28. Jänner auch formal angenommen wurde. In Kenntnis der Person des Bischofs kann das beinahe als Akt der Insubordination gelten, zumindest wollte der Amtsinhaber offensichtlich vollendete Tatsachen schaffen. Auch der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Rücktritts war absichtsvoll gewählt: Es handelte sich um den 33. Jahrestag seiner Weihe zum Bischof von Gurk. Ende 1981 wurde der damalige Grazer Hochschulseelsorger, dessen Haus auch ein Trefpunkt der steirischen Kultur- und Intellektuellenszene war, zum Bischof der südlichsten Diözese ernannt. Am 24. Jänner 1982 empfing er die Bischofsweihe, bis 2001 wirkte er in Kärnten. Als der beliebte Grazer Hirte Johann Weber, Krisenmanager der österreichischen Kirche durch die Jahre der Skandale um Kardinal Hans Hermann Groër, 2001 das Handtuch warf, kam Egon Kapellari als Bischof in seine Heimatdiözese zurück. Auch in seinen Bischofsjahren bewahrte sich Kapellari das Faible für Literatur und bildende Kunst, in dieser Hinsicht ist er zweifelsohne die herausragende Gestalt im österreichischen Episkopat. Er gilt mit Recht auch als "Intellektueller" unter den Bischöfen, seine für einen Bischof unüblich zahlreichen Bücher geben beredt Zeugnis davon. Seine durchaus widerständige Persönlichkeit hinderte diesen Kirchenmann aber nicht, sich um den Ausgleich widerstreitender Strömungen in seiner katholischen Kirche zu mühen. Auch Egon Kapellaris Verhältnis zur FURCHE ist am besten mit dem Wort "kritische Nähe" zu beschreiben. Wiederholt durfte sich diese Zeitung mit markanten Beiträgen aus seiner Feder oder Interviews mit ihm schmücken.

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