Unversöhnlichkeit als Preis der Einheit

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Die Pius-Bruderschaft lehnt "zentrale Lehren“ des II. Vatikanums weiterhin ab. Eine Einigung mit Rom scheint dennoch möglich. Aber auch eine Spaltung.

Wenn am 16. Mai in Rom die Glaubenskongregation ihre Vollversammlung abhält - auch Kardinal Christoph Schönborn ist dabei, dann steht eine Einigung mit der Pius-Bruderschaft auf der Tagesordnung. Zuletzt hatte es geheißen, deren Generaloberer, Bischof Bernard Felly, habe einen an der von Rom verlangten lehrmäßigen Präambel ausgerichteten Text unterzeichnet. Außerdem sei es das persönliche Anliegen Benedikts XVI., die Spaltung eher heute als morgen zu beenden. So wird über Pfingsten als Termin einer Rückkehr in die Kirche spekuliert, die Lefebvrianer sollen - analog dem Opus Dei - eine "Personalprälatur“, also eine Art weltweite, von lokalen Bischöfen unabhängige Diözese erhalten.

Persönliches Drängen des Papstes

Die Vorgänge lösen auf beiden Seiten gewaltige Irritationen aus: Fellay selber räumte am Wochenende gegenüber der katholischen US-Nachrichtenagentur CNS ein, es könne zur Spaltung der Piusbrüder kommen. Jedenfalls wurde ein Brief der drei anderen Traditionalistenbischöfe - des Spaniers Alfonso de Galarreta, des Franzosen Bernard Tissier de Mallerais und des notorischen Holocaust-Leugnungs Richard Williamson - bekannt, in dem diese Fellay die Rute ins Fenster stellen: Eine Einigung mit Rom sei unmöglich, den mit dem II. Vatikanum hätten sich die Kirchenleitung selber von der katholischen Wahrheit abgewandt. Die drei Bischöfe sprachen gar von einer "Falle“ Roms. Fellay verteidigte seine Haltung und forderte die drei Mitbischöfe auf, das Angebot des Papstes nicht "aus Mangel an Realismus“ auszuschlagen. Der Obere der Piusbrüder hält das Angebot Benedikts XVI. jedenfalls für "aufrichtig“.

Doch auch hinter der scheinbaren Konzilianz von Fellay steht eine klare Agenda: Am 29. April stellte der "Cheftheologe“ von Fellay, Pater Niklaus Pfluger, bei einem Vortrag im deutschen Hattersheim, klar: Die Verhandlungen der letzten Jahre hätten gezeigt, dass die "unterschiedlichen Standpunkte in zentralen Fragen der Kirchenlehre“ zwischen der Pius-Bruderschaft und Rom nicht überbrückt werden könnten. Dennoch habe sich, so Pfluger, gezeigt, dass Benedikt XVI. so sehr an einer "kanonischen Lösung für die Bruderschaft“ interessiert sei, dass er mit ihr ein Abkommen schließen wolle, auch wenn diese die von ihr bestrittenen Texte des Konzils sowie die nachkonziliare Messe nicht anerkennen. Pfluger unterstützt seinen Generaloberen Fellay in der Einschätzung, unter diesen Umständen sei es nicht möglich, das Angebot des Papstes abzulehnen. Aber, so Pfluger: Voraussetzung sei "selbstverständlich“, dass ein Abkommen die Zusicherung enthalte, "dass die Priesterbruderschaft St. Pius X. auch künftig in den strittigen Fragen vom Standpunkt Roms abweichen darf.“

Es sind diese weiter unversöhnlich klingenden Positionen, die Warner auf den Plan rufen. So erklärte gleichfalls am 29. April der renommierte Vatikanist Marco Politi im Interview mit dem WDR, Rom lasse sich von den Lefebvrianern vorführen: Der Vatikan habe nach und nach seine Positionen aufgegeben, so Politi. Auch Benedikt XVI. fordere nicht mehr, "was er noch als Kardinal Ratzinger mit Papst Johannes Paul II. von den Piusbrüdern verlangt hat.“ Neben der Liturgiereform sind es die Konzilserklärungen über Religions- und Gewissensfreiheit sowie über die Beziehungen zu den christlichen Kirchen und zu den anderen Weltreligionen, welche die Traditionalisten weiter klar ablehnen. Dabei hatte der vatikanische Ökumene-Minister, Kurienkardinal Kurt Koch, Ende April in Wien Journalisten gegenüber und Anfang Mai in Rom zum deutschen Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse gemeint, eine Einigung mit den Piusbrüdern sei nicht möglich, ohne dass diese den genannten "Essentials“ des Konzils näher treten.

Breite innerkirchliche Opposition

Ein weiterer Vatikanist, John Allen vom US-Magazin National Catholic Reporter, berichtet von einer Tagung Anfang Mai an der römischen Opus-Dei-Universität Santa Croce, bei der die Verbindlichkeit des II. Vatikanums für alle, die in Gemeinschaft mit der katholischen Kirche sein wollten, betont wurde. Der Opus-Dei-Priester Johannes Grohe habe dort gefordert, dass alle, die in die katholische Kirche eintreten wollten, ein Glaubensbekenntnis, das die Aussagen des II. Vatikanums einschließt, ablegen müssten.

Dass sogar das Opus Dei einer Einigung mit den Piusbrüdern, gelinde gesagt, reserviert gegenübersteht, vermerken Beobachter mit Interesse. Ob diese breite Opposition aber den Papst beeindruckt? Die nächsten Tage werden darüber Klarheit bringen.

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