Uralte Tradition in neuem Gewand

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Das Festival "sound:frame“ versucht, die beiden Künste der Malerei und der Musik auf neue Weise in Verbindung zu bringen. Bild und Ton sind derart aufeinander abgestimmt, dass sie ein einziges Kunstwerk abgeben.

Über mehrere Epochen hinweg galten die Malerei und die Musik als zwei verschwisterte, einander besonders nahestehende Kunstgattungen. Vor bald 100 Jahren noch versuchte Wassily Kandinsky seine neue ungegenständliche Malweise dahingehend zu erklären, dass diese wie die Musik losgelöst von natürlichen Vorgaben eine freie Existenz führt. Wie die Musik mit Tönen und Intervallen hantiert, so tut es ihr die Malerei gleich mit Farben und Linien. Dann jedoch ereignete sich eine Scheidung, ausgelöst durch eine genauere Analyse. Der Ton in der Musik trennt sich gleich bei seinem Entstehen von der Stofflichkeit des Instruments, das ihn hervorbringt. Der Farbton hingegen bleibt seiner Materialität treu verbunden - nichts ist es also mehr mit der geschwisterlichen Nähe.

Gleichberechtigte Partner

Allerdings, was für die Malerei in Öl auf Leinwand gültig ist, muss nicht für alle Formen der bildenden Kunst in gleicher Weise zutreffen. Richtet man die Aufmerksamkeit auf jene Arbeiten, die mit Bildschirmen und Projektionen ihre Bilder erzeugen, fällt das Urteil gleich anders aus. Diese Bilder verschwinden mit dem Kippen des Ausschaltknopfes auf eine ähnliche Weise, wie die Töne der Musik verhallen.

Auf diese uralte Tradition der Bezogenheit der beiden Künste der Malerei und der Musik auf überraschend neue Weise hinzuweisen, versucht das Festival "sound:frame“. Als Veranstaltungsreihe für "audio:visual expressions“ gibt es Einblicke in jene in den letzten 25 Jahren entstandene Kunstform, die bildende Kunst und Musik als gleichberechtigte Partner in einen künstlerischen Akt zusammenspannt. Die Produktion von Bildern und deren Verlauf sind mit der Musik derart aufeinander abgestimmt, dass sie ein einziges Kunstwerk ergeben. Aber im Gegensatz zu einem Musikvideo - dem diese audiovisuelle Kunstform einiges in der Geschichte ihrer Entwicklung zu verdanken hat - kommt als Zusatz noch ein Aufführungsstil dazu, der nicht bloß ein vorgefertigtes Produkt über eine Apparatur abspielt. Vielmehr werden hier die vorbereiteten Töne (sounds) und Bilder (frames) erst live vor Publikum zu jenem neuen Ganzen zusammengeführt.

Zum fünften Mal bereits bringt "sound:frame“ internationale Größen dieser Kunstgattung nach Wien und zeigt auch die in dieser Stadt arbeitenden, die erfreulicherweise zum führenden Teil der internationalen Szene gehören. Thematisch nimmt sich die diesjährige Ausgabe von "sound:frame“ mit "performance“ genau jenen Aspekt näher vor, der die Audiovisualisten vom Musikfilm abhebt: die Aufführung, die vom menschlichen Körper der jeweiligen Künstler abhängt.

Mischen und Verzerren

Im Wesentlichen gibt es dabei vier verschiedene arbeitstechnische Zugänge. Bereits seit den 1980er Jahren konnte man in Clubs auf den einen oder anderen "VJ“ treffen, also jemanden, der sich in Anlehnung an die für die Musik bereits fest eingeführten "Disc Jockeys“ als "Video Jockey“ oder "Visual Jockey“ bezeichnete. Für ihre Auftritte erstellen die VJs im Vorfeld Videosequenzen, die sie dann in Loops - in einer Endlosschleife sich wiederholender Zuspielungen - parallel zur Musik präsentieren. Aber es bleibt nicht beim bloßen Abspielen. Ähnlich wie bei den Disc Jockeys wird auch hier durch Mischen und Verzerren das Ausgangsmaterial live weiterentwickelt. Der Kontext dieser Live-Präsentationen erfordert von den Visual Jockeys nicht nur eine bildnerische Kompetenz, sondern eine ebenso gut ausgeprägte Musikalität, damit sie mit ihren Visualisierungen ein abgestimmtes Zusammenspiel mit der Musik erreichen können. Ein zweiter Zugang entwickelte sich aus der Street-Art. Wurden dort noch mit Sprays öffentliche Flächen gestaltet, so wird nun beim sogenannten Tagging, einem Bezeichnen oder Markieren, mit Licht geschrieben. In Kombination mit Schwarzlicht, phosphoreszierenden Leinwänden und Neonmarkern werden mit Laser oder LEDs Botschaften in Lichtform ans Publikum geschickt. Bleibt hier die körperlich vollzogene Aktion des Schreibens ein wichtiger Bestandteil, so übernimmt bei den generativen Visuals der Computer einen großen Teil der Aktivität. Dieser Umstand erklärt auch, dass in diesem Bereich die Bildwelten oftmals ungegenständlich ausfallen, weil der Computer die Visualisierungen generiert.

Mapping: Neue Welten entstehen

Bei neueren Formen werden die entsprechenden Projektionen als interaktive Anordnung an die Aktionen des Publikums zurückgebunden, deren Bewegungsabläufe werden vom Computer registriert und unmittelbar zur weiteren Konfiguration der Visuals verwendet, sodass die Tänzer bei der Bildgestaltung mitarbeiten. Beim Mapping schließlich werden dreidimensionale Körper - was bis zur Außenfassade städtischer Architektur reichen kann - derart mit Lichtbildern überzogen, dass unverzerrte neue Welten entstehen.

Das Festival bietet an den nächsten beiden Wochenenden die Möglichkeit, alle angesprochenen Zugänge live als Performances zu erleben, darüber hinaus aber auch während eines Symposiums sich über die theoretischen Hintergründe zu informieren, oder aber bei Workshops selbst in die Welt der Audiovisualisten einzusteigen.

www.soundframe.at

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