Venezianische Frivolitäten

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Freie Bühne Wieden: Uraufführung von Herbert Rosendorfers "Mandragola".

Der Zweck heiligt die Mittel. Dieser Leitsatz des Renaissance-Politologen Niccolo Machiavelli ist auch in seine Komödie "Mandragola" von 1518 eingeflossen, die Herbert Rosendorfer für die Freie Bühne Wieden in Wien im Stil der Commedia dell'arte umgeschrieben hat. Statt Florenz ist Venedig der Schauplatz, der kirchenkritische Aspekt - bei Machiavelli begleitet "ein Mönch, zu gar nichts nütze" das Geschehen - fehlt, und sehr viel an Personen und Inhalten wurde verändert.

Der alte, reiche Kaufmann Pantalone hat eine schöne junge Frau, Vanessa, aber keine Kinder. Der junge, verschuldete Don Federigo hat ein Auge auf Vanessa geworfen und diese an ihm Gefallen gefunden. Da Federigos Diener Arlecchino seinen Herrn als Leuchte der Medizin ausgegeben hat, fädelt der mit Pantalone verkehrende Dottore (der Jurisprudenz, versteht sich) ein Geschäft ein. So erscheint Federigo in Verkleidung als "Doktor Herrheißt" bei Pantalone und bietet an, Vanessa mittels der Wurzel Mandragola fruchtbar zu machen.

Der Haken bei der Sache: Der Erste, der nach Verabreichung der Arznei mit Vanessa nach Rosendorfscher Diktion "Tricki Tracki" macht, muss sterben. Der darob entsetzte Pantalone findet schließlich einen Dichter, der gegen hohe Bezahlung dazu bereit ist - Don Federigo, diesmal unverkleidet. "Je weniger Dichter es gibt, desto besser", meint Pantalone zum Gaudium des Publikums.

Die Frivolität wird auf die Spitze getrieben, als Pantalone dem Akt direkt beiwohnt, um sicher zu gehen, dass ihm bei einem späteren "Tricki Tracki" nichts mehr passieren kann. Er kann beruhigt doppeldeutig verkünden: "Ich habe mich eigenhändig überzeugt, dass ich nicht betrogen werde." Wie die Komödie ausgeht, soll hier nicht verraten werden.

Rosendorfer hat eine kurzweilige, sprachlich mitunter recht originelle, aber insgesamt eher seichte Komödie geschrieben, die nicht den - auch nicht gerade grandiosen - Tiefgang von Machiavellis Stück erreicht. Wenn er Pantalone von Herakles abstammen und in dessen Haus einen Rossknödel aus dem Stall des Augias als Reliquie verehren lässt, wenn er am Ende noch Mykene und das Löwentor ins Spiel bringt, sind das überdrehte Scherze für Bildungsbürger.

Unter der Regie von Gerald Szyszkowitz wird sehr munter gespielt, zwischendurch auch sehr gut Klavier (Keiko Kuwahara). Christian Ghera (Pantalone) wirkt noch zu vital für seine Rolle. Gerhard Rühmkorf (Arlecchino) und John Fricke (Dottore) servieren gekonnt ihre Pointen. Michaela Ehrenstein (Vanessa) versprüht, assistiert von der temperamentvollen Susi Reiter (Susanna, Zofe), Frust über ihren Ehemann und Lust auf Abwechslung, Randolf Destaller (Don Federigo) glaubt man am ehesten den Menschen, der nicht genau weiß, was er im nächsten Moment will.

Das Premierenpublikum gab sich genüsslich zwei Stunden Amüsement hin und applaudierte am Schluss herzlich.

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