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Unlängst war ich in Salzburg im Gästehaus des Priesterseminars untergebracht, eine sympathische Herberge mit bemerkenswertem Frühstück -selbstgemachte Marmeladen und ein täglich frisch gebackener Gugelhupf, im 4-Stern-Hotel eine Seltenheit. Die Zimmer von erwartbarer klösterlicher Schlichtheit, Tisch, Sessel, Bett, kein Fernseher. Irritiert hat mich allein ein Satz auf der Homepage des Hauses: "Auf TVund Radiogeräte haben wir bewusst verzichtet, da wir unseren Gästen eine Entschleunigung in unserer hektischen Zeit bieten wollen." Diese Bevormundung erwachsener Menschen erscheint mir merkwürdig. Ob ich glaube, mich mithilfe des Johannesevangeliums oder einer "Universum"-Folge besser entschleunigen zu können, ja, ob ich mich überhaupt entschleunigen will, sollte man doch mir überlassen. Ich war ja nicht als Priesterseminarist dort und auch nicht, um Exerzitien zu machen. Zudem mangelt es dem Ansatz an Konsequenz, gibt es doch Gratis-WLAN "im ganzen Haus". So beschleicht einen der Verdacht, hier werde die sparsame Ausstattung lebensphilosophisch bemäntelt: Entschleunigung zur Kostenreduktion.

Ähnlich erging es mir in einem anderen, gar nicht so wohlfeilen kirchlichen Betrieb der Stadt. Damals traf mich die seelsorgende Erziehungsmaßnahme allerdings härter, denn ich steckte mitten in "Breaking Bad", und so musste ich das Gebäude nächtens nach einem versteckten Empfangsgerät durchsuchen, das ich glücklich in einer Art Requisitenkammer fand. Das Internet wurde um Mitternacht geschlossen (Entschleunigung!), die Aufklärung erfolgte aber erst am nächsten Tag. Und beim Frühstück ("reichhaltiges Frühstücksbuffet") wurde man dahingehend informiert, dass freitags auf Fleischprodukte verzichtet werde und dass ein Frühstücksei nur jeden zweiten Tag zu haben sei. Aufgrund welcher Fastenregel auch immer.

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin

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