Verwechslungsfarce ohne Takt

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Ein Postler war er schon, ein Zöllner ebenfalls. In der jüngsten unter seiner Federführung entstandenen Komödie ist Dany Boon, der mit "Willkommen bei den Sch’tis“ Besucherrekorde erreicht hatte, in erster Linie Kreischer. Ein "Super-Hypochonder“ - so auch der Titel - zu sein heißt bei ihm, daheim Medikamentenpackungen statt Bücher in den Regalen aufgereiht zu haben, die halbe Silvestergesellschaft niederzustrecken, um den Neujahrsküsschen zu entkommen, oder einen klinisch sauberen Beruf zu haben, bei dem man sich täglich neu von Krankheitsbildern inspirieren lassen kann.

Fünf flinke, chaotische Anfangsminuten braucht es nur, bis sich jeder fragen muss, wie lange Romain, der eingebildete Kranke, diesen auf den Effekt hin inszenierten Film noch mit seinen Marotten füllen kann. Ähnliches dürfte Boon durch den Kopf gegangen sein, der genau ab diesem Punkt beginnt, seine Figur in eine Verwechslungsfarce zu stürzen: Romains Arzt, zugleich sein widerstrebend bester Freund, nimmt ihn in ein Flüchtlingslager mit. Statt eines heilsamen Schocks, was wirkliches Leid ist, erhält er dort jedoch die Identität des Revolutionsführers einer kleinen Kaukasus-Diktatur - und zudem ein glühendes Groupie in der Schwester des Arztes, Anna, die begeistert ihre dortige Herkunft pflegt. Der Keim zu Kritik an gelangweilten Wohlstandsbürgern wäre darin angelegt, es wird aber keine: Die Dame ist einfach nur unglücklich, ja einsam. Das, so lässt Boon diagnostizieren, sei die wahre Krankheit, die letztlich viele Symptome habe. Und er geht auf Mission, alle zu kurieren.

Auf das naive, zuweilen schmerzvoll taktlose Treiben hat dieser herzlich gemeinte Kern kaum Einfluss, denn dazu fehlt dem Film jene nötige Erdung, die einst viel zum Erfolg der "Sch’tis“ beigetragen hat. Weder das Wiedersehen mit Boon’schen Partnern und Zuarbeitern noch die Sprachspiele, für die er einmal mehr sein Faible beweist, können diese verdrießliche Posse dauerhaft erträglich machen: Humor des gemeinsamen Nenners hätte es sein sollen, fragwürdiger Klamauk ist letztlich herausgekommen.

Der Super-Hypochonder (Supercondriaque)

B/F 2014. Regie: Dany Boon. Mit Dany Boon, Kad Merad, Alice Pol. Lunafilm. 107 Min.

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