Viel Doku, wenig Theater

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Die Uraufführung von "Sophie Scholl - Die letzten Tage" am Schauspielhaus Salzburg.

Der März 1938 steht in Österreich zur Erinnerung und Beschämung an. 70 Jahre sind seit dem "Heldenplatz" vergangen. Das Schauspielhaus Salzburg hat jetzt jene Münchener Studenten im Blick, die als "Weiße Rose" in Flugblättern gegen das Unrecht auftraten und ihr Leben für diesen Ruf nach Freiheit hingegeben haben. Das sind die Geschwister Sophie und Hans Scholl, Christian Probst, Alexander Schmorell und Willi Graf.

"Sophie Scholl - Die letzten Tage" von Betty Hensel hatte am 28. Februar, fast auf den Tag genau 65 Jahre nach Verurteilung und Hinrichtung der Geschwister Scholl und Hans Probsts, seine Uraufführung. Das Stück stützt sich stark auf das Drehbuch von Fred Breinersdorfer zum gleichnamigen Sophie-Scholl-Film aus dem Jahr 2004.

Tod für Flugblätter

Das dramatische Moment: Junge Menschen rennen sehenden Auges in den Tod. Sie tun, was ihr Gewissen befiehlt, denn "wir haben alle unsere Maßstäbe in uns selbst". Für die Flugblätter, in denen sie gegen Hitler und die nationalsozialistische Diktatur anschreiben und für Recht und Freiheit des Einzelnen und ein menschenwürdiges Leben in der Gesellschaft plädieren, werden sie von Volksgerichtshofpräsident Roland Freisler zum Tod verurteilt.

Betritt man das Theater, vermutet man in dem vernebelten Bühnenraum in Rot und Schwarz (Ausstattung Martin Käser) eher einen Auftritt von Heavy Metal. Und die Collage von etwa zwei Drittel dokumentarischer Texte - Briefe und Protokolle - lässt kaum Spannung aufkommen. Denn, salopp gesagt, die Materialhuberei steht dem Theater entgegen.

Dazu kommen die vielen Kurzszenen - manche von ihnen berührend wie jene der Sophie mit der Kommunistin Else Gebel (Ute Hamm) im Gefängnis, manche langatmigere wie die parallel laufende Liebesbeziehung Sophies zu dem Offizier Fritz Hartnagel - das alles drängt mehr in die Breite, als dass es die Stärke dieser unprätentiösen Helden der Freiheit zeigte.

Dennoch ist diese Uraufführung eine wichtige Arbeit, die sich nicht der Denkmalpflege an der "Weißen Rose" hingibt, sondern historisch wichtigen Gestalten auf die Bühne helfen will. Das Stück ist freilich pures Anschauungsmaterial, Theater als pädagogisch-moralische Anstalt. Dennoch vermag diese Form von Ethikunterricht sicher mehr zu erreichen und zu vermitteln als graue Schultheorie.

Pädagogisches Theater

Ariadne Pabst ist die Sophie Scholl, deren Charakter nicht entwickelt wird, der schon vorhanden ist, die Protestantin hat ähnlich dem von den Nazis ebenfalls hingerichteten Jesuitenpater Alfred Delp ein Gebet auf den Lippen, das die letzte Ohnmacht gegenüber dem Tod ausspricht. Ihrem Bruder Hans verleiht Florian Eisner auch Züge eines Polit-Schwärmers.

Hans Danner hat für Sophies Freund Hartnagel viele Briefe zu sprechen, die von der Verliebtheit und von der Blauäugigkeit des Offiziers in Sachen Krieg zeugen. Die Aufführung von mehr als zwei Stunden Dauer zieht sich und verlangt nach nochmaliger straffender Hand. Generell sollte man auch Sprechkultur einfordern, "einen" möchte man als "einen" und nicht als "ein'n" hören.

Verdienste um das Thema Widerstand in der NS-Zeit erworben hat sich Betty Hensel, die auch eigene Recherchen im Umfeld der Scholls angestellt hat, auf alle Fälle erworben. Ein packender Theaterabend ist daraus freilich nicht geworden.

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