Viel Raum für Musik

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Tobias Morettis erste Regiearbeit: Mozarts "Don Giovanni" am Theater für Vorarlberg, Bregenz.

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Tobias Morettis erste Regiearbeit: Mozarts "Don Giovanni" am Theater für Vorarlberg, Bregenz.

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Mit seiner ersten Opernregie, Wolfgang Amadeus Mozarts "Don Giovanni", lockte der Schauspieler Tobias Moretti viel Prominenz an den Bodensee. Gemeinsam mit Christoph Eberle, dem Chefdirigenten des Symphonieorchesters Vorarlberg, und einem ausgewogenen jungen Sängerensemble realisierte er mit denkbar schlichten Ausstattungsmitteln eine stimmige Inszenierung, die der Musik Mozarts den Vorrang lässt.

Klang die Ouvertüre am Theater für Vorarlberg in Bregenz zum Teil noch etwas rau aus dem kleinen Orchestergraben, so mischte sich der Klang später besser und ließ in Streicher- wie Bläsergruppen sorgfältige musikalische Phrasierung und Artikulation hören. Lebendige Orchestersprache entstand hier, die den schlank geführten Sängerstimmen sehr entgegenkam.

Ebenso lässt Morettis Regie der Musik Raum. Er stülpt der Figur des lebensgierigen Don Giovanni und dem Reigen der unter seinen egozentrischen Spielchen leidenden Menschen keine sensationell neue Deutung über, sondern bringt eine sehr genau beobachtende Personenregie. So besticht der junge Wiener Georg Nigl, der in Stimme wie Erscheinung schlanke und bewegliche Darsteller der Titelfigur, weniger durch seine Körperlichkeit oder sinnlich verführerische Ausstrahlung als viel mehr durch die Wandelbarkeit und die Pianokultur seiner so biegsamen, fast tenoral hellen Stimme. Bis zuletzt steigert er sich mehr und mehr in seiner Bühnenpräsenz und liefert sich ein dämonisch funkelndes Ringen mit der Statue des Komturs (die Moretti übrigens nicht als lächerliche Gipsstatue wandeln, sondern wie ein Schattenwesen im Hintergrund wirken lässt.) Die ideale Ergänzung als spielfreudiger Leporello bietet Andreas Jankowitsch, der in der "Register-Arie" und im Zusammensein mit Donna Elvira ein gelehriger Schüler seines Herrn ist und ebenso mit Farben und Körpereinsatz zu spielen weiß.

Vollkommenes Terzett Der ukrainische Bassist Taras Konoschenko ist in einer Doppelrolle als wunderbar störrischer Masetto wie als Respekt gebietender Komtur zu hören, wobei ihm die komische Rolle auch in der Stimme mehr entgegenkommt. In diesem Ensemble, getragen vom Dirigenten, hat auch eine so zarte Stimme wie die des Kolumbianers Cesar Gutierrez ihren Platz: Sein Don Ottavio könnte sensibler nicht sein, liebevoll zu Donna Anna, aber auch passiv und von Morettis Regie etwas allein gelassen.

Auch die drei Damen bilden ein homogenes Ensemble: Sabina von Walther singt sich als Donna Anna zunehmend frei und findet zu ungemein kultiviertem, empfindungsreich strömendem Mozartgesang. Ute Gferer-Morgenstern gibt eine nie hysterisch aufgebrachte, sondern eher zurückhaltende, vom Verhalten des Don Giovanni tief verletzte Donna Elvira. Das Terzett der Frauen vervollkommnet Letizia Scherrer als Zerlina, die ihren Masetto "zum Stein erweichen schön" umschmeichelt.

Mit dieser homogenen Sängerschar, für das sich manches größere Landestheater glücklich schätzen dürfte, hat Tobias Moretti sichtlich mit großer Freude und liebevollen Details gearbeitet. Da wird nichts mit Aktionismus überdeckt oder modernisiert, erhalten Arien und Sänger ihren Raum, und die Dynamik der Handlung behält ihre Spannung bis zum heiteren Rundgesang über dem Orchestergraben. Schon dafür ist dem Team um Moretti und Eberle zu danken!

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