Virtuose mit Hang zur Romantik

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Der junge Geiger Julian Rachlin gibt eines seiner raren Konzerte in seiner Wahlheimat Wien.

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Der junge Geiger Julian Rachlin gibt eines seiner raren Konzerte in seiner Wahlheimat Wien.

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Wien ist meine Heimat; es bedeutet mir sehr viel, hier aufgewachsen zu sein", sagt der 22-jährige Geiger Julian Rachlin, gebürtiger Litauer, der im Alter von zwei Jahren ans Gestade der schönen blauen Donau gelangte. Wenn er diesen Samstag im Konzerthaus zu seiner Violine greift, so wird es eines seiner raren Konzerte in Wien sein. Denn die Bundeshauptstadt sei ein "brenzliger Boden" für Musiker, erklärt Rachlin, vor allem wenn sie hier leben: Das extrem kritische Wiener Publikum, das durch Darbietungen höchster Qualität verwöhnt sei, könne leicht übersättigt werden. Außerdem: "Eine mißlungene Interpretation, und man ist unten durch."

Dabei ist Rachlin kein Newcomer, sondern hat eine beachtliche Karriere hinter sich: Mit dreizehn verzückte er beim Eurovisionswettbewerb Jury, Publikum und Kritik - und trug prompt den ersten Platz davon. Noch im selben Jahr, 1988, debütierte er mit Lorin Maazel und dem Orchestre National de France bei den Berliner Festwochen. Seine nächsten Partner waren die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Riccardo Muti. Mittlerweile hat der hochtalentierte Geiger unter den führenden Dirigenten der Welt gespielt: James Levine, Zubin Metha und Yehudi Menuhin, um die bekanntesten zu nennen. Die frühe Zusammenarbeit mit großen Dirigenten und Orchestern hat Rachlin "riesige Erfahrungen" gebracht: "Ich habe versucht, alles in mich aufzusaugen", erzählt er von seiner persönlichen Entwicklung. Herausgekommen ist dabei ein Virtuose mit Hang zur Romantik, der ebenso präzise wie sensibel Noten in Töne aus Fleisch und Blut zu übersetzten vermag. Veredelt wird Rachlins Könnerschaft durch den Klang eines kostbaren Instruments des italienischen Geigenbaumeisters Antonio Guarneri del Gesu, das ihm von der Nationalbank zur Verfügung gestellt wird.

Rachlin gibt etwa 100 Konzerte pro Jahr, drei CDs hat er für Sony aufgenommen. Doch selbst für jemanden von seinem Kaliber wird es zusehends schwieriger, neue CDs aufzunehmen. Der Markt ist übersättigt mit Aufnahmen, manche Werke sind in Dutzenden verschiedenen Interpretationen erhältlich. "Das Standardrepertoire interressiert die Plattenfirmen kaum noch", klagt Rachlin, dessen Vorlieben genau dort liegen. Man müsse schon etwas Außergewöhnliches machen, um überhaupt noch ins Studio gebeten zu werden. Als Beispiel nennt Rachlin Stücke von Fritz Kreisler für Violine und Klavier, von denen der Komponist selbst (nahezu unbekannte) Bearbeitungen für Viloline und Orchester vorgenommen hat. Der junge Geiger deutet gegenüber der Furche an, daß dies sein nächstes CD-Projekt sein könnte.

In seiner Freizeit betreibt Rachlin Sport, vor allem Fußball und Tennis. Seine Sammlung von Schweinen ("aller Art, nur keine lebendigen!") füllt die elterliche Wohnung. Der Virtuose studiert übrigens noch immer Violine am Wiener Konservatorium. Wann er fertig sein wird? Der Bummelstudent lacht: "Weiß ich noch nicht."

Am 14. Februar, um 19 Uhr 30 spielt Julian Rachlin mit Itamar Golan (Klavier) im Wiener Konzerthaus Beethoven, Prokofjew und Franck.

Lothringerstr. 20, 1030 Wien, Tel.: (01) 712 12 11

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