Vom Paradies in die Notlage

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Ungerechtigkeit. Das ist es, was viele Zyprioten in der Finanzund Wirtschaftskrise empfinden. Zwar hat es sich bis dahin gut gelebt in dem Steuerparadies mit den verlockenden Spar- und Kreditzinsen. Doch als die zypriotischen Sparer im Gefolge der griechischen Pleite praktisch enteignet wurden, machte sich Ohnmacht breit. Mutmaßliche Mitverantwortliche für die Situation sind außer Landes geflohen. Banker etwa, die in Griechenland riskante Geschäfte gemacht, großzügige Kredite vergeben und sich wahrscheinlich selbst bereichert hatten.

Dass dieses System zusammenbrechen würde und wie sehr es verstrickt war, darauf war - offiziell - niemand vorbereitet. In der internationalen Staatengemeinschaft wurde u. a. eine "Troika" aus dem Boden gestampft. Sie leistet Erste Hilfe - vorausgesetzt, die betroffenen Länder treffen mehr oder weniger schmerzhafte Maßnahmen. Die kleine Insel haben der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank und die EU-Kommission mit Hilfsgeldern von zehn Milliarden Euro vorerst vor dem Bankrott bewahrt. Im Gegenzug muss Zypern die Staatsausgaben 2014 um 626 Millionen Euro kürzen. Das bedingt Privatisierungen sowie den Abbau des überdimensionierten Banken-und Beamtenbereichs. Das Vorgehen stieß deshalb auf heftige Kritik. Derzeit untersucht das EU-Parlament die Arbeit der Troika in Griechenland, Zypern, Portugal und Irland. Die EU-Abgeordneten führen in diesen Ländern Gespräche mit Vertretern von Regierung, Opposition, Sozialpartnern, Zentralbanken, Banken und Kunden. Co-Berichterstatter sind der ÖVP-Mandatar und Vize-Parlamentspräsident Othmar Karas sowie Liêm Hoang Ngoc von den französischen Sozialisten. Das EU-Parlament reklamiert eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Geldgeber in den Krisenländern. "Es kann nicht sein, dass da nur Beamte entscheiden", erklärt Othmar Karas. "Wenn das EU-Parlament stärker eingebunden wäre, hätte es sicher keine Senkung des Mindestlohns in Griechenland gegeben."

Das Problem der Troika bestehe darin, dass sie "ein Provisorium" sei, weil die Geberländer außerhalb der EU-Strukturen zusammenarbeiten. "Die Troika ist eine Notlösung, die zeitlich befristet ist. Sie muss ein Gemeinschaftsinstrument werden, das dem EU-Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig ist." Denn ohne die Troika, glaubt Karas, wären Griechenland, Zypern, Portugal und Irland heute bankrott und die sozialen Auswirkungen um ein Vielfaches massiver.

In Zukunft könnte der Euro-Rettungsschirm, mit der Expertise der EU-Kommission, zu einem "Europäischen Währungsfonds" ausgebaut werden. Hätte das EU-Parlament auch hier eine Kontrollfunktion, wäre die Bevölkerung stärker eingebunden, und die Menschen würden allfällige Sparmaßnahmen eher akzeptieren, meint Karas. Das Parlament soll über den Evaluierungsbericht im März abstimmen.

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