Vom Trinken und Sich-Betrinken

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Wie Wein quer durch die Jahrtausende und Sparten in die Kunst einfloss, zeigt die Intermezzo-Ausstellung des Kunsthistorischen Museums. Von lustigen Trinkspielutensilien bis zu Gemälden und kostbaren Bechern reicht die Palette der spielerisch-facettenreichen Ausstellung.

Was es nicht alles gibt, wenn es um Wein geht: einen Fangstuhl, in dem Gäste auf Schloss Ambras automatisch gefesselt wurden und zum Trinken eines großen Bechers Wein in einem Zug genötigt wurden. Einen vergoldeten Tischautomaten, der vor den Gästen herumfuhr und vor einem stehen blieb, der den gefüllten Teil leeren musste. Aber auch die kostbarsten Gefäße, um edle Tropfen zu servieren - oder gar um ihre Wirkung zu unterbinden: Man glaubte, wer Wein aus einer Amethystschale trank, werde nicht betrunken. War der Wein andererseits in ein Horn gefüllt, erkenne man sofort, ob er vergiftet sei, hieß es. Und wer aus einem Becher mit Greifenbeinen trank, in den fuhr angeblich die Macht dieser mythischen Tiere.

Es gibt einiges zu staunen und zu lernen in der vierten Intermezzo-Ausstellung des Kunsthistorischen Museums. Für die sammlungsübergreifende Schau hat man sich diesmal Wein als Thema gewählt, ausgehend vom Bacchus/Dionysos-Kult über Darstellungen der Weinlese und Utensilien zum stilvollen Genuss bis hin zu drastischen, aber in Kunst gepackten Schilderungen dessen, was passiert, wenn man zu viel Wein zu sich genommen hat. An das Ende der rund 100 Werke umfassenden Schau hat man die rituelle Bedeutung gestellt - "quasi als unsere Sühne“, sagt Georg Plattner, einer von sechs Kuratoren der Schau, verschmitzt.

Begonnen wird mit unterschiedlichen Darstellungen des Gottes Dionysos respektive Bacchus, dem man ursprünglich die ganze Schau widmen wollte - "doch das ist schon zu oft da gewesen“, sagt Plattner. "Interessant ist, wie er anfangs als bärtiger Alter gezeigt wurde und schon im vierten Jahrhundert vor Christus zu einem jungen, fast weiblichen Gott wird. In der Renaissance wird er dann überhaupt selbst oft als Betrunkener dargestellt - was absolut unantik ist.“

Sesterzen, Kreuzer, Euro

Auch die Weinproduktion ist Thema der Ausstellung - und man lernt, dass die alten Griechen glaubten, nur Satyrn könnten Wein herstellen, was auf Tonreliefs zu sehen ist. "Die Darstellung in Gemälden kam durchaus zögerlich auf, wurde das Weinherstellen doch als zu profane Sache angesehen, um es zu malen. Erst Jacopo Bassano im 16. Jahrhundert wagte es - und stellte, wie als Entschuldigung, ganz hinten am Hügel Moses dar, wie er die Gesetzestafeln empfängt“, sagt Plattner.

Sogar die Münzsammlung bekommt ihren Platz in der variantenreichen Schau: Anhand ihrer wird gezeigt, wie viel Sesterzen eine Amphore Wein kostete, neben dem Glaspokal liegen Kreuzer, neben dem modernen Weinglas Euro. Anhand von Trinkgefäßen kann man unter anderem erfahren, dass die Griechen ihren Wein nur verdünnt tranken, oft versetzt mit Gewürzen. Ob die Gefäße nun aus Elfenbein oder aus Bergkristall waren, oft wurde der Wein von grausamen Szenen umhüllt dargeboten.

Und Trinkspiele begannen nicht erst in Zeiten der beschriebenen Trinkautomaten und Fesselsessel. Schon in der Antike wurde der letzte Tropfen Wein auf eine Scheibe geleert und als Orakel gedeutet, wie bei Darstellungen auf Tongefäßen und auch in einem kostbaren Buch zu sehen. Darüber hinaus zeigt man zahlreiche Scherzgefäße, bei denen man auf den ersten Blick nicht sagen konnte, wie viel Wein wohl enthalten sei und wo man daraus trinken könne - bis man den Kopf der Figur abnahm.

"Oftmals wird - wie auch bei einem Becher mit Schellenglocken, die beim Trinken nicht läuten durften - vermerkt, dass die Objekte nie benutzt wurden. Aber ich will es nicht glauben, das wäre doch schade“, so Plattner - und schaut dabei fast so schelmisch wie van Dalens Bacchus.

Kunst_voller_Wein (Intermezzo 04)

Kunsthistorisches Museum, 1010 Wien

bis 2. September, Di-So 10-18, Do bis 21 Uhr; Juli und August auch Mo

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