Vom Wort- und Totschlag

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Am Anfang war das Wort, logos, und wenig später kam der Dekalog. Das war das, was auf die zwei Steintafeln Mose passte. Also die Zehn Gebote. Zu drei und sieben verteilt, wie sich auf zahlreichen Abbildungen sehen lässt, fein säuberlich unterteilt in die drei auf Gott bezogenen und die sieben dem Menschen zugewandten. "Du sollst nicht töten!“ hielt das 5. unumstößlich fest. Mit den Geboten und ihrer Einhaltung ist das ja so eine Sache. Aber noch ist Hoffnung …

Die Sprache erwies sich als treffliches Instrument, das Gebot zu umgehen. Zwischen Mord und Hinrichtung, zwischen Totschlag und Exekution, zwischen Notwehrüberschreitung, Körperverletzung mit Todesfolge, dienstlichem Waffengebrauch, Kollateralopfer, Pech gehabt und Uj jegerl! laufen feine Differenzierungen, die ethisch /juristisch /politisch, meinethalben auch religiös begründ- und darstellbar sein mögen, aber letztlich immer wieder darauf hinauslaufen, dass am Ende einer daliegt.

Mord bleibt Mord

In der Sprache der Medien ist es seltsamer Brauch geworden, die Diktion der Tötenden zu übernehmen. Ein ums andere Mal kann man da lesen, dass die Geiseln "hingerichtet“ worden seien. Als wäre da ein staatliches Gerichtsverfahren erfolgt, das sie irgendeiner Schuld befunden hätte. Als wären es nicht Verschleppte, die das Unglück hatten, zur falschen Stunde am falschen Ort zu sein. Da winden sich die Leut’ herum, um nicht - wie jetzt eben bei Gaddafi - ihrer klammheimlichen Freude darüber Ausdruck zu geben, dass mit seinem Ende nicht nur ein blutiger Tyrann seinen letzten Weg, wahrscheinlich zur Hölle, angetreten hat, sondern auch nicht mehr darauf hinweisen kann, wer ihn aller noch vor Kurzem hofiert hat. Da kann man lesen, er wurde "exekutiert“, "hingerichtet“, "gemeuchelt“, "erledigt“, "gerichtet“, er ist "verblutet“, "gestorben“, "unter unklaren /ungeklärten Umständen“ etc. 58 Staaten, darunter viele christlich geprägt, kennen die Todesstrafe. In allen 198 Ländern dieser Welt wird gemordet, gemeuchelt, umgebracht.

Dabei steht alles im Dekalog, in den zehn Worten, Paragraf fünf: Du sollst nicht töten …

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