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Konrad Steißhäuptl heißt der Bürgermeister, Gastwirt und ehemalige Ortsgruppenleiter des fiktiven Ortes Bad Brauning, den Martin Leutgeb am niederösterreichischen Landestheater so hinterhältig, gefährlich und zugleich komisch spielt, dass einem Angst und Bang wird. Fritz Hochwälder, dem heute zu Unrecht vergessenen, vor den Nazis geflüchteten, nur als Gast in seine Heimat zurückgekehrten Dichter, gelang 1965 so in "Der Himbeerpflücker" eine erschreckende Charakterzeichnung eines zeitlosen Typs. Denn -s o der Dichter - "Hitler war ja nur die Subsummierung des homo austriacus".

Was aber macht diesen Herrn Konrad, Zeitgenosse des Herrn Karl, aus? Ein uns leider allzu vertrautes Machtgehabe, das jeder Demokratie spottet. Nicht nur die eigenen Leichen im Keller zu verbergen, sondern auch die genaue Kenntnis der Kellerleichen von Konkurrenten, zwecks Erpressung und Vernichtung. Die Kunst von Lüge, Meinungsumschwung und Verleumdung. Feigheit, anbiedernd devotes Verhalten und schmierige Freundlichkeit. Vor allem aber das durch Rassen- und Frauenfeindlichkeit zusammengeschweißte männerbündlerische Zusammenrücken, das im Dunst von Schweinsbraten, Schweiß und platten Männerwitzen die eigene Schwäche vergessen macht. Endlich glaubt man die Welt der eigenen Minderheit unterwerfen zu können, Potenz und Potenzial wachsen ins Unermessliche. Das duckmäuserisch heimtückische Hascherl wird zum Saubermann und Wutbürger. Aus dem Zwergerl wird ein Riese, aus dem armseligen Gefreiten der strahlende Volksführer, aus dem unbeholfenen Parteisekretär ein machttrunkener Landesfürst, aus dem Analphabeten ein schwächelnder Staatsmann. Sie halten sich für unersetzlich, vom Schicksal auserwählt und sind, wie Schauspielerin Eva Maria Marold treffend meinte, "lauter arme Würsteln, die sich für wahnsinnig wichtig halten".

Der Autor ist Kulturmoderator beim Privatsender ATV

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